Es sind weder Bilder von einem Fussballmatch noch von einer 1.-Mai-Demo. Es ist das kosovarische Parlament während der Arbeit. Abgeordnete haben gestern Tränengaspetarden gezündet und den Abbruch der hitzigen Debatte erzwungen.
Hinter dem Anschlag steckt Faton Topalli (52). Er wohnt in Dörflingen im Kanton Schaffhausen und ist kosovarisch-schweizerischer Doppelbürger, wie der «Tages-Anzeiger» berichtet. Topalli gehört zur linksnationalistischen Partei Vetëvendosje (Selbstbestimmung) und wurde bei seinem Wahlkampf von der Schaffhauser Alternativen Liste unterstützt.
Ausgerechnet Faton Topalli. In einem Vortrag bei der von ihm mitgegründeten Schweizer Integrationsorganisation Pro Integra sagte er wörtlich: «Ermöglicht uns doch bitte, uns in dieser Gesellschaft in Würde und per Gesetz nachhaltig zu integrieren.» Und weiter: «Leider ist der Begriff Albaner zum Synonym für Kriminalität, Missbrauch sozialer Werke und Gewalt geworden. Leider ist das Schweizer Parlament auf diesen Zug aufgesprungen, so dass es dort salonfähig geworden ist, Andersdenkende zu diskriminieren.»
Schöne Worte über Demokratie – aus dem Munde eines Mannes, der den Betrieb des kosovarischen Parlaments gewalttätig mit Tränengas unterbricht.
Topalli war gestern unter seiner Schweizer Telefonnummer nicht erreichbar. Dafür nimmt sein Landsmann Osman Osmani (57) Stellung. Er ist ebenfalls Mitbegründer von Pro Integra und Politiker: Für die SP Schaffhausen sass er erst im Grossen Stadtrat und nun im Kantonsrat.
Osmani kann nachvollziehen, warum es im Parlament des Kosovo zu Krawallen gekommen ist. «Die Aktion kam nicht aus heiterem Himmel. Viele Ereignisse und Diskussionen haben dazu geführt. Ich kann verstehen, was mein Freund gemacht hat. Denn es ist absolut unverständlich, wie sich die kosovarische Regierung verhält.»
Der Linksaussenpolitiker billigt nicht nur die Tränengas-Aktion. Auch der Widerspruch, dass Topalli in der Schweiz den Demokraten mimt und im Kosovo für Randale sorgt, stört ihn nicht. «Den Vortrag hat er in einem anderen Raum, zu einer anderen Zeit und unter anderen Umständen gehalten.»
Die Diskussionen um die Rechte der serbischen Minderheit im Kosovo sorgten bereits letzte Woche für wüste Szenen im Parlament. Auch damals kam es zu einem Tränengasanschlag. Zwei Politikerinnen mussten deswegen ins Spital gebracht werden.