Immer mehr Ausländer profitieren von Vorzugsregelung bei den RAV
Inländervorrang wird zu Grenzgängervorrang

Auch Grenzgänger können dank des Inländervorrangs vom Informationsvorsprung bei freien Stellen profitieren, wenn sie sich bei einem RAV anmelden. Neuste Zahlen zeigen: Sie tun das immer öfter.
Publiziert: 17.12.2018 um 07:38 Uhr
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Aktualisiert: 17.12.2018 um 14:49 Uhr
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SVP-Präsident Albert Rösti kritisiert: «Der Volkswille aus der Masseneinwanderungs-Initiative ist nicht nur nicht umgesetzt, sondern ins Gegenteil verkehrt worden.»
Foto: Keystone
Nico Menzato
Nico MenzatoBundeshaus-Redaktor

Der Inländervorrang light ist seit dem 1. Juli dieses Jahres in Kraft, die Umsetzung der Masseneinwanderungs-Initiative also. Das SVP-Begehren wurde vom Parlament ganz bewusst sehr sanft in ein Gesetz gegossen: Arbeitgeber müssen offene Stellen einzig den Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) melden, die dann passende Arbeitskräfte vorschlagen.

Dies geschieht in Berufsgruppen, die eine Arbeitslosenquote von mindestens acht Prozent aufweisen. Diese Arbeitslosen erhalten so einen wertvollen Informationsvorsprung von fünf Tagen. Denn erst nach dieser Frist dürfen die Stellen öffentlich ausgeschrieben werden.

Mit dem Inländervorrang steigt die Zahl der Grenzgänger beim RAV

Um die EU nicht zu verärgern, hat das Parlament den Inländervorrang auf Grenzgänger ausgeweitet. Auch diese können deshalb vom Informationsvorsprung profitieren, sofern ihr letzter Arbeitsort in der Schweiz war.

Und das tun sie auch, wie die neuste Statistik des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) zeigt: Die Zahl der Grenzgänger, die sich bei einem RAV eingeschrieben haben, steigt seit Inkrafttreten des Inländervorrangs rasant an. Im November waren 233 Personen gemeldet – dreimal mehr als im Durchschnitt der letzten Jahre. 84 waren es 2017 – in den Jahren davor 77 respektive 87.

Organisation macht Stimmung

Viele Grenzgänger haben wohl erst mit der Diskussion um den Inländervorrang realisiert, dass auch sie sich bei einem hiesigen RAV melden können – und von denselben Vorteilen profitieren, wie die rund 190'000 bei den RAV registrierten Inländer.

Organisationen versuchen derzeit, diese rechtliche Möglichkeit bekannter zu machen. So ermutigt etwa das Groupement transfrontalier européen arbeitslose Grenzgänger, sich an ein Schweizer RAV zu wenden.

Das stösst der SVP sauer auf. Präsident Albert Rösti (51) spricht von einer «Katastrophe für alle über 50-jährigen Inländer, die eine Stelle suchen». Die steigende Zahl der Grenzgänger bei den RAV würde beweisen, wovor die SVP immer gewarnt habe: «Statt einem echten Inländervorrang haben wir einen Ausländervorrang.» Der Volkswille aus der Masseneinwanderungs-Initiative sei damit nicht nur nicht umgesetzt, sondern ins Gegenteil verkehrt worden.

Trendwende bei der Zuwanderung

Eine erste Bilanz des Inländervorrangs auf die Nettoeinwanderung – die Zuwanderung minus Auswanderung also – zeigt zudem: Die Zahlen steigen seit dem Sommer wieder leicht an.

Gemäss Staatssekretariat für Migration zogen von Juli bis Oktober diesen Jahres netto 22'000 Personen in die Schweiz. In der Vorjahresperiode waren es nur 19'000 Ausländer gewesen. Die letztjährige Jahresmigration von 53'221 Personen dürfte in diesem Jahr überschritten werden.

Das wäre eine Trendwende. Nachdem die Zuwanderungszahlen seit Jahren kontinuierlich sanken, geht es urplötzlich wieder aufwärts. Und dies ausgerechnet im Jahr, indem die 2014 vom Volk angenommene Masseneinwanderungs-Initiative greifen soll.

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