Im Sommer lag Mitte-Ständerat Peter Hegglin (60) sechs Tage auf der Intensivstation im Kantonsspital Zug. Er war nicht in der Lage, genügend Sauerstoff aufzunehmen, weil das Coronavirus seine Lunge angegriffen hatte. «Ohne zusätzliche Sauerstoffzufuhr hätte ich es nicht geschafft», sagte der 60-Jährige damals.
Nun, vier Monate später, fordert ausgerechnet er die Aufhebung der Corona-Massnahmen. «Wenn man Geimpfte und Genesene zusammennimmt, haben wir eine Impfquote von über 80 Prozent – das reicht, um die Massnahmen aufzuheben.» Sorgen, dass mit den tiefen Temperaturen im Winter die Ansteckungszahlen wieder in die Höhe schnellen, macht er sich nicht. «Die Durchseuchung der Gesellschaft ist so weit fortgeschritten, dass es nicht mehr zu einer Überlastung der Spitäler kommen wird.»
Hegglin ärgert sich über Balkan-Rückkehrer
Auch andere Mitte-Parlamentarier wie Martin Candinas (41), Thomas Rechsteiner (49) und Alois Gmür (66) sind der Meinung, dass die aktuelle Corona-Lage die Massnahmen des Bundesrates nicht mehr rechtfertige. Die erweiterte Zertifikatspflicht sei aufzuheben. Parteipräsident Gerhard Pfister (59) will laut der «SonntagsZeitung» davon allerdings nichts wissen.
Das Zertifikat ist umstritten – und es steht bei der Abstimmung über das Covid-Gesetz am 28. November im Zentrum. Peter Hegglin hat dem Gesetz im Ständerat noch zugestimmt. Im Nachgang habe er sich allerdings über die Ausweitung der Zertifikatspflicht geärgert, sagt er. «Statt die Reiserückkehrer aus dem Balkan im Sommer in Quarantäne zu schicken, hat man den Schweizerinnen und Schweizer das Zertifikat auferlegt», sagt er. Die Zertifikatspflicht gilt in der Schweiz für alle Menschen ab 16 Jahren.
Hegglin wird sich – anders als seine Partei – nicht aktiv für das Covid-Gesetz engagieren. Ob er an der Urne Ja oder Nein stimmen werde, lasse er sich noch offen. «Das hängt von der Ausstiegsstrategie des Bundesrats ab.»
Zögern bei der Impfung
Auch den Impfentscheid zögert Hegglin hinaus. Nach dem Aufenthalt auf der Intensivstation im Sommer, wollte er sich vorerst nicht impfen lassen. Sein natürlicher Immunisierungsschutz halte ein gutes halbes Jahr, war er damals überzeugt. Jetzt meint er, sein Zertifikat sei bis am 8. Dezember gültig. «Ich werde mir dann wieder Gedanken über eine Impfung machen.»
Im Gespräch zeigt er sich allerdings nach wie vor sehr zurückhaltend. «Ich fände es sinnvoller, wenn man die Gültigkeit des Zertifikats für Genesene auf ein Jahr verlängern würde», sagt er. Er habe diese Forderung auch schon politisch eingebracht.
Angst, erneut auf der Intensivstation zu landen, hat er indes nicht. «Wir müssen akzeptieren, dass das Leben gewisse Risiken mit sich bringt.»