Er ist der Mann fürs Grobe bei der SVP. Provokationen sind sein politisches Werkzeug. Und so erstaunt es auch nicht, dass sich Albert Rösti (51) am Donnerstag seinen Asylchef Andreas Glarner (55) holte, um vor den Medien gegen den Uno-Migrationspakt zu wettern. Dabei tappte Glarner allerdings in die Nazi-Falle.
So kam es dazu: Der Uno-Migrationspakt legt Grundsätze für den Umgang mit Flüchtlingen und Migranten fest. Hinter den im Juli von der Uno-Vollversammlung in New York beschlossenen Text stehen 191 Staaten. Von allen Uno-Staaten scheren bis jetzt einzig die USA und Ungarn aus. Die Schweiz – genau die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) des Aussendepartements – war wesentlich an Ausarbeitung des Paktes beteiligt. Im Dezember soll die Erklärung offiziell angenommen werden.
Staatsstreich, linke Ideologie, Welt ohne Grenzen
Das will die SVP verhindern. «Die linke Ideologie soll zum Standard für alle Länder gemacht werden», enervierte sich Rösti. «Man will eine Welt ohne Grenzen und vollständige Migration», warnte er. Wenn die Millionen Armen in Afrika den Pakt ernst nähmen, könne niemand mehr schreiben, dass die Migrationszahlen sinken.
Auch Glarner fand – wie gewohnt – scharfe Worte: «Hier ist ein Staatsstreich im Gange.» Was da unter Federführung der Schweiz geplant sei, seien «Umsiedlungsprogramme».
Journalistin gebraucht Nazi-Vokabular
Nach den Ausführungen der SVP-Exponenten kam es zur üblichen Fragerunde. Eine Journalistin des deutschen Compact-Magazins ergriff das Wort. Compact gilt als Sprachrohr der deutschen rechtspopulistischen Partei Alternative für Deutschland (AfD) und der islamfeindlichen Pegida-Bewegung. Die Journalistin setzte zu einer Wutrede auf Asylministerin Simonetta Sommaruga (58, SP) und den Uno-Migrationspakt an.
In diesem Zusammenhang sagte sie: «Da ist eine wahre Umvolkung geplant.» Der Begriff «Umvolkung» stammt aus dem Sprachgebrauch des Nationalsozialismus für bevölkerungspolitische Massnahmen im Sinne der NS-Ideologie. Heute wird von rechtsextremen Kreisen benutzt, die vor der Migration warnen.
Glarner: «Mir hat das Wort nicht gefallen»
Und von Andreas Glarner. In seiner Antwort auf die Frage der Compact-Journalistin sagte er «... oder Umvolkung, wie Sie es genannt haben.» Der SVP-Nationalrat tappte in die Nazi-Falle und benutzte einen Begriff, der heute von rechtsextremistischen Kreisen verwendet wird, wenn sie – wie Glarner an der Pressekonferenz – vor den Gefahren der Migration nach Europa warnen.
Auf Nachfrage von BLICK erklärt sich Glarner. «Mir hat das Wort nicht gefallen. Ich konnte den Begriff zwar nicht eindeutig zuordnen, dachte mir aber, dass er nicht unbelastet ist», sagt der Aargauer. Deshalb habe er darauf geachtet, dass der Ausdruck nicht mit ihm in Verbindung gebracht wird – sondern mit der Journalistin.
SVP verlangt, dass Pakt vors Parlament kommt
Der Uno-Migrationspakt war am Freitag auch Thema in der Bundesratssitzung. Die Landesregierung stehe hinter dem Anliegen, sagte Bundesratssprecher André Simonazzi vor den Medien. Die Vorbehalte der SVP gegenüber den Bestimmungen fanden also noch kein Gehör. Die Landesregierung werde bis im Dezember den Pakt aber noch analysieren und ihren endgültigen Standpunkt festlegen.
Sollte er Pakt im Dezember unterzeichnen, verlangt die SVP, dass dieser dem Parlament vorgelegt und dem fakultativen Referendum unterstellt wird.