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Hoffnung für Leukämie-Kranke
Kassen wollen teure Krebs-Therapie ermöglichen

Wer bezahlt, wenn ein neue Therapie Kinder und Jugendliche vom Krebs heilen kann? Der Krankenkassen-Verband Santésuisse will, dass ab sofort die Versicherer einen Teil übernehmen. Den umstritten Preis von 370'000 Franken pro Patient zahlen sie aber nicht.
Publiziert: 19.03.2019 um 15:36 Uhr
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Aktualisiert: 08.07.2020 um 20:31 Uhr
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Den an Leukämie erkrankten Patienten werden Blutzellen entnommen....
Foto: Keystone/AP Novartis/
Cinzia Venafro

Diese Nachricht macht Krebspatienten Hoffnung: Die personalisierte Zelltherapie Kymriah gegen Blutkrebs soll zumindest teilweise von den Krankenkassen übernommen werden. Dies kündigt der Krankenkassen-Verband Santésuisse heute in einer Mitteilung an.

Der Haken am Ganzen: Santésuisse bietet «nur» 200'000 Franken pro Patient. Der Basler Pharmamulti Novartis veranschlagt für die Zelltherapie aber 370'755 Franken. Ein Preis, der bereits seit der Zulassung von Kymriah vergangenem Herbst als überrissen kritisiert wird.

Versicherer zahlen «ab sofort»

«Der Preis scheint uns überzogen», sagte Franziska Lenz von der Krebsliga im Oktober. Seither war unklar, wer für die neuartige Zelltherapie aufkommen soll. In der Schweiz würden etwa 100 Patienten dank Kymriah eine Chance auf Heilung haben, schätzt Santésuisse. Hauptsächlich sind es Kinder und Jugendliche, die an Leukämie erkrankt sind. Und gerade für junge Patienten eilt die Zeit. «Für einige Patientinnen und Patienten kann Zuwarten lebensbedrohlich sein», schreibt der Branchenverband. Darum habe man jetzt schnell Abhilfe schaffen wollen.

Deshalb ebnen die Versicherer von Santésuisse den Weg für eine «rasch umsetzbare Lösung». Konkret bieten die Versicherer «ab sofort» 200'000 Franken pro Patient. Und zwar über die normale Fallpauschale hinaus, mit der Spitalbehandlungen abgegolten werden. Übersetzt heisst das: Die 200'000 sind einzig für eine Ampulle Kymriah budgetiert. Da Kymriah nur im Spital eingesetzt wird, müssten die Kantone wie üblich 55 Prozent der Kosten übernehmen.

Zelltherapie aus eigenen Killerzellen

Und so funktioniert Kymriah: Den an Leukämie erkrankten Patienten werden Blutzellen entnommen und gentechnisch so verändert, dass sie die Krebszellen erkennen und angreifen. Danach werden die Killer-Zellen wieder in den Patienten zurückverpflanzt. Für an Leukämie erkrankte Menschen ist es eine Tortur – doch die Heilungschancen stehen gerade bei Kindern und Jugendlichen gut. 70 Prozent, bei denen die neuartige Therapie bisher angewandt wurde, sind danach krebsfrei.

Diese Heilungschancen anerkennen die Versicherer: «Neuartige Gentherapien, wie Kymriah zur Behandlung bestimmter Krebsarten, bieten den betroffenen Patientinnen und Patienten neue Hoffnung auf Heilung», so der Verband.

Bei Misserfolg wird nicht bezahlt

Ein Hintertürchen lassen sich die Versicherer aber offen: Man fordere, dass «Prämienzahler nicht belastet werden, wenn die Gentherapie mit Kymriah nicht wirksam ist.» Dieses Modell nennt sich «Outcome-based pricing». Übersetzt heisst das: Stirbt ein Patient trotzdem, sollen die Kosten bei den Spitälern und bei Novartis hängen bleiben. Beide haben sich aktuell noch nicht öffentlich zum Modell geäussert. Sicher ist: Solche Modelle werden sehr zurückhaltend eingesetzt.

Zudem gibt Santésuisse den Ball an die Eidgenössische Kommission für allgemeine Leistungen und Grundsatzfragen (ELGK) weiter. Man sei zwar bereit, die Kosten vorzuschiessen, stelle aber «die Bedingung», dass die Therapie mit Kymriah «tatsächlich eine Pflichtleistung im Sinne des Krankenversicherungsgesetzes» ist. Hintergrund: Weil die Therapie so neuartig ist, gibt es noch kein Gesetz, das sie im Detail regelt.

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