Die SP-Nationalräte Cédric Wermuth und Mattea Meyer liessen sich von Michael Räber durchs Camp führen. SP-Nationalrätin Chantal Galladé arbeitete gar mehrfach als freiwillige Helferin mit. Schweizweit bekannt wurde das Flüchtlingslager Karamanlis in Sindos im Norden Griechenlands aber durch den mehrtägigen Besuch des SVP-Asylchefs im Sommer 2016.
Andreas Glarner, gefürchteter Hardliner in Asylfragen, ging das Leid der Flüchtlingsbabys nahe. «Es ist brutal, in welchen zum Teil menschenunwürdigen Umständen diese Menschen leben.» Und er sagte für einen SVP-Politiker ungewohnte Worte: «Wir müssen jenen Flüchtlingen, die schon in Europa sind, mehr helfen, als wir das bislang taten.»
«Bin froh, dass ich das Lager schliessen kann»
Nun wird das Lager, das nach der Schliessung des Elendslagers Idomeni entstand, ebenfalls geschlossen. In den vergangenen Tagen sind die letzten der ehemals 600 Flüchtlinge ausgezogen. Räber kann mit gutem Gewissen die Zelte abbrechen. «Den allermeisten der Karamanlis-Bewohner geht es jetzt besser», sagt er zu BLICK.
Die meisten Personen befänden sich im Umsiedlungsprogramm der Uno und könnten um Aufnahme in einem anderen Land hoffen, so Räber. Etwa hundert Personen seien wohl selbständig oder mit Schleppern weitergereist. Die anderen hätten in Griechenland ein Asylgesuch gestellt. «Sie sind jetzt aber womöglich obdachlos, weil Griechenland keine Sozialhilfe bezahlt.»
«Ich bin froh, dass ich das Lager schliessen kann», sagt Räber, der für seinen unermüdlichen Einsatz für Flüchtlinge im letzten Jahr mit dem Prix Courage ausgezeichnet worden ist. Zurücklehnen wird er sich aber nicht – obwohl er im April erstmals Vater wird.
Räber eröffnet auf der griechischen Insel Lesbos im Lager Moria ein neues Zentrum. «Das Camp ist völlig überlastet. Wir möchten den Menschen ein paar angenehme Stunden schenken», sagt er.
Mindestens zwei Flüchtlinge erfroren
Finanzieren wird er dies unter anderem mit Spenden aus Oberwil-Lieli AG, dem Dorf von Gemeindeammann Glarner, das über die Landesgrenzen hinaus wegen seiner harten Haltung gegen Flüchtlinge für Schlagzeilen sorgte. 390'000 Franken haben Privatpersonen und die Gemeinde an Swisscross.help gespendet.
Das Geld kann Räber gut gebrauchen. «Die Umsetzung des Deals zwischen der EU und der Türkei führt zu Menschenrechtsverletzungen, insbesondere auf den griechischen Inseln», sagt er. Davon würden die Flüchtenden in der Türkei abgeschreckt und viele würden auf eine Überfahrt verzichten. «Deshalb kommen weniger Flüchtlinge als auch schon.»
Dennoch sind die Ankommenden gegenüber den Ausreisenden in der Überzahl. Allein im Januar 2017 sind mehr als 1000 Personen von der Türkei über die Ägäis nach Griechenland gelangt. Zum Vergleich: Im Rahmen des im März 2016 unterzeichneten EU-Türkei-Deals wurden bis Ende Jahr gerade mal 856 Personen in die Türkei überschifft.
Die Flüchtlingslager auf den griechischen Inseln sind deshalb heillos überbelegt. Rund 15'000 Menschen sitzen fest. Die Versorgung ist schlecht. In den letzten Wochen starben mehrere Flüchtlinge in den Lagern. Mindestens zwei erfroren.