Hickhack ums Rahmenabkommen
Acht Tage und kein Ende!

Bürgerliche werfen den Gewerkschaften vor, auf finanziellen Interessen einen Kompromiss bei den flankierenden Massnahmen zu torpedieren.
Publiziert: 29.07.2018 um 21:05 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2018 um 19:26 Uhr
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SVP-Nationalrätin Magdalena Martullo-Blocher.
Foto: KARL-HEINZ HUG
Simon Marti

Vor den Sommerferien machte Bundesrat Ignazio Cassis (57, FDP) ­eines deutlich: Kommt Bern Brüssel bei den flankierenden Massnahmen nicht entgegen, droht ein Scheitern der Verhandlungen über ein Rahmenabkommen mit der EU. Namentlich die achttägige Anmeldefrist für ausländische Firmen in der Schweiz stösst der Union sauer auf. Die flankierenden Massnahmen dürfen unter keinen Umständen geritzt werden, erwidern wiederum die Gewerkschaften. Und sei es auf Kosten einer ­Einigung mit der EU. Obwohl zumindest fraglich scheint, ob die Acht-Tage-Frist nicht etwas verkürzt werden könnte.

Die eigene Kasse füllen

Dennoch soll Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann (66, FDP) einen Kompromiss ausloten. Derweil die Debatte immer ruppiger wird. Die Bürgerlichen hegen den Verdacht, dass es den Gewerkschaften nicht nur um den Schutz der Arbeiter gehe, sondern ums Geld. Der Kontrollapparat, welcher zur Durchsetzung der flankierenden Massnahmen aufgezogen wurde, fülle deren Kasse.

Die Einhaltung der flankierenden Massnahmen kontrollieren in den Kantonen die Tripartiten Kommissionen, bestehend aus Vertretern von Arbeitnehmern, den Gewerkschaften und den Behörden. Für diesen Aufwand werden sie vom Staat auch entschädigt. Hinzu kommen Lohnabzüge, bezahlt sowohl von Arbeitnehmern als den Firmen. Ein komplexes System, das hier zum politischen Zankapfel wird.

Flankierende Massnahmen

«Die Gewerkschaften profitieren wegen der flankierenden Massnahmen von zusätzlichen Einnahmen in zweistelliger Millionenhöhe aus Solidaritätsbeiträgen und Arbeitskontrollen», sagt SVP-Wirtschaftspolitikerin Magdalena Martullo-Blocher (48, GR) zum SonntagsBlick. Und überhaupt: «Ohne Personenfreizügigkeit bräuchte es keine flankierenden Massnahmen.»

Der Freisinn wiederum will zwar nicht die Axt an die Personenfreizügigkeit legen. Doch auch hier schüttelt man ob der harten Haltung der Arbeitnehmervertreter den Kopf. «Es braucht flankierende Massnahmen, um unser Lohnniveau zu verteidigen», hält FDP-Nationalrat Thierry Burkart (42, AG) fest. «Aber ob sich eine ausländische Firma acht oder fünf Tage vorher anmelden muss, darf letztlich nicht über das Rahmenabkommen entscheiden.» Entscheidend sei, dass der Lohnschutz gewährleistet bleibe, «nicht wie viele Tage die Frist beträgt».

Mehr statt weniger Kontrollen

Die Gewerkschaften hätten sich verrannt, so Burkart. «Die Kontrollen sind wichtig, ohne Frage. Aber sollte der Lohnschutz effizienter gestaltet werden, entgehen ihnen halt auch Einkünfte. Darum sorgen sie sich.»
Auch linke Politiker deuten an, dass an den Kontrollen manch ein Job im Apparat der Gewerkschaften hänge. «Dieser Vorwurf ist völlig haltlos», sagt Vania Alleva (48), Präsidentin der Gewerkschaft Unia. Im Kampf für einen besseren Lohnschutz müssten mehr statt weniger Kontrollen stattfinden.

Diese Kontrollen werden von paritätischen Kommissionen, also von Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite gemeinsam organisiert. Alleva betont: «Weder die Unia noch die Arbeitgeber erhalten finanzielle Beiträge, um Kon­trollen durchzuführen.» Zwar entschädige der Bund die Kommission für einen Teil des Aufwands, die effektiven Kosten seien aber höher. «Die übrigen Kosten werden durch Lohnabzüge von den Arbeitnehmern und Arbeitgebern getragen.»

Die viel diskutierte Acht-Tage-Regel sei «ein Herzstück dieses Kontrollmechanismus», so Alleva. Mit einer kürzeren Frist könne mancherorts Lohndumping nicht mehr effektiv bekämpft werden.

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