Bei den Arbeitgebern ist Feuer im Dach! Im Sommer präsentierte der Arbeitgeberverband Seite an Seite mit Gewerkschaftsbund und Travailsuisse den Sozialpartner-Kompromiss für die zweite Säule. Die Pensionskassen sollten reformiert werden, um angesichts steigender Lebenserwartung und schwierigem Zinsumfeld die Renten zu sichern.
Der Bundesrat hat sich hinter den Sozialpartner-Deal gestellt. In Teilen der Wirtschaft hingegen kommt der Vorschlag schlecht an. Der Gewerbeverband verweigerte sich dem Kompromiss von Beginn weg und präsentierte ein eigenes Modell. Darauf folgte der Pensionskassenverband Asip mit einem Vorschlag. Zu guter Letzt scherten mit Banken, Baumeistern und Detailhändlern auch noch drei gewichtige Teilverbände aus und präsentierten eine Alternative. Die Angriffe zeigen: Der Kompromiss bröckelt!
Arbeitgeberverband lanciert Gegenoffensive
Nun geht der Arbeitgeberverband in die Gegenoffensive: Er hat die verschiedenen Modelle genau durchgerechnet – und zerpflückt die Vorschläge der Gegner. «Keines der drei Modelle erfüllt die politischen Anforderungen», sagt Martin Kaiser (53), Leiter Sozialpolitik beim Arbeitgeberverband. «Nur der Sozialpartner-Kompromiss verhindert Renteneinbussen auf breiter Front.»
Demnach soll der Mindestumwandlungssatz von heute 6,8 auf 6,0 Prozent sinken. Das heisst: Auf 100'000 Franken Altersguthaben gibt es künftig nur noch 6000 statt 6800 Franken Rente pro Jahr. Ein Minus von gut 13 Prozent. Der drohende Rentenverlust soll durch verschiedene Kompensationsmassnahmen ausgeglichen werden. Etwa durch zusätzliche Beiträge und einen höheren Koordinationsabzug.
Umstrittener Rentenzuschlag
Doch das Herzstück im Sozialpartner-Kompromiss ist ein Rentenzuschlag für Neurentner. Für die ersten 15 Jahrgänge beträgt dieser pauschal 100 bis 200 Franken. Danach wird der Zuschlag jedes Jahr neu festgelegt – abhängig vom vorhandenen Geld. Dafür müssen die Pensionskassen künftig 0,5 Prozent auf AHV-pflichtigen Einkommen bis 853'200 Franken in einen Sicherheitsfonds einzahlen.
Kassen aus Hochlohnbranchen zahlen also mehr. Mit dem Rentenzuschlag findet eine Umverteilung von Gut- zu Wenigverdienern statt. Kaiser spricht von einem «Solidaritätsbeitrag, der das Fundament der zweiten Säule sichert».
Den Gegnern ist diese Umverteilung ein Dorn im Auge. In der zweiten Säule soll jeder für sich selber sparen, lautet ihr Credo. Auch von einem deutlich tieferen Koordinationsabzug, der Teilzeit-Angestellten und Tiefbesoldeten zu besseren Renten verhelfen würde, wollen sie nichts wissen. Stattdessen soll die Rentenlücke über höhere Beitragssätze kompensiert werden.
«Büezer haben das Nachsehen»
«Die Gegner vertreten die reine Lehre in der zweiten Säule, die angeblich keine Solidarität zulässt. Doch damit verpassen sie das Ziel, die Rentenlücken zu decken», kritisiert Kaiser. Er hat die verschiedenen Modelle durchgerechnet – und kommt in seinen Fallbeispielen zu frappanten Unterschieden (siehe Tabelle).
Die Alternativmodelle seien stärker auf Gutverdiener ausgerichtet, so Kaiser. «Ein Banker kann damit gut leben. Die Büezer, Kleinverdiener und teilzeitarbeitenden Frauen dagegen haben das Nachsehen», sagt er. «Ihre Rente sinkt um 100 bis 200 Franken pro Monat.» Und dies bei bescheidenen Renten, häufig kaum über 1000 Franken oder gar noch darunter. «Da bin ich ja gespannt, wie das im Parlament, geschweige denn in einer Volksabstimmung, standhalten soll!»
Gewerkschaften im Boot halten
Für ihn ist klar: Die Reform kommt an der Urne nur durch, wenn die Gewerkschaften mit im Boot sind. Dafür müssen die Arbeitgeber die Kröte des Rentenzuschlags schlucken und die Gewerkschaften beim Umwandlungssatz über den Schatten springen.
Kaiser kämpft deshalb unermüdlich für den Kompromiss – etwa an internen Infoveranstaltungen in Zürich und Lausanne. «Das Echo ist positiv. Nur unser Kompromiss ist ausgewogen und trägt wichtigen sozialpolitischen Forderungen Rechnung», so Kaiser. «Es verbessert die Renten für Tieflöhner und Teilzeitarbeitende – und damit besonders für die Frauen. Und mit tieferen Beitragssätzen für ältere Arbeitnehmer wird die Situation im Ü50-Bereich entschärft.»
Die Reform der zweiten Säule wird zum Hickhack unter den Wirtschaftsvertretern. Einig ist man sich, dass der BVG-Umwandlungssatz von 6,8 auf mindestens 6,0 Prozent sinken soll. Gestritten wird darum, wie die das damit verbundene Rentenloch gefüllt werden soll. BLICK erklärt die wichtigsten Modelle.
Sozialpartner-Kompromiss
Der vom Bundesrat unterstützte Sozialpartner-Kompromiss will den Koordinationsabzug von 24'885 auf 12'445 Franken halbieren. Damit steigen der versicherte Lohn – und auch die Beiträge. Bei den Altersgutschriften gibt es nur noch zwei Beitragssätze (statt wie heute vier): Von 25 bis 44 Jahre fliessen 9 Prozent in die Pensionskasse, von 45 bis 65 Jahre 14 Prozent. Ältere Arbeitnehmer werden damit deutlich «günstiger».
Herzstück ist der Rentenzuschlag für alle Versicherten von 100 bis 200 Franken für die ersten 15 Jahrgänge. Danach wird der Zuschlag jedes Jahr neu bestimmt, abhängig vom vorhandenen Geld. Dafür müssen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zusammen 0,5 Prozent der AHV-pflichtigen Lohnsumme in einen Sicherheitsfonds zahlen – das wären aktuell gut 1,7 Milliarden Franken jährlich.
Gewerbe-Modell
Der Gewerbeverband will vom pauschalen Rentenzuschlag nichts wissen, ebenso wenig vom tieferen Koordinationsabzug. Stattdessen würden die Beitragssätze teils kräftig erhöht – in der Altersgruppe 35 bis 44 gleich von 10 auf 14 Prozent. Eine gewisse Kompensation für eine Übergangsgeneration von zehn Jahren würde zudem über den Sicherheitsfond finanziert.
Asip-Modell
Der Pensionskassenverband Asip möchte den Umwandlungssatz gleich auf 5,8 Prozent senken. Der Koordinationsabzug soll nur leicht sinken, auf maximal 21'330 Franken.
Die Rentenlücke würde in erster Linie durch höhere Beitragssätze für die jüngere Generation kompensiert. Künftig soll schon ab 20 statt erst 25 Jahren in die Pensionskasse gezahlt werden – und zwar gleich 9 Prozent.
Für eine Übergangsgeneration von zehn Jahren wäre eine Abfederung geplant. Den pauschalen Rentenzuschlag lehnt der Asip ab.
Banken-Modell
Das Modell der Banken, Baumeister und Detailhändler lehnt sich stark ans Asip-Modell an und will den Koordinationsabzug ebenfalls nur leicht senken. Zur Deckung der Rentenlücke sollen vor allem die Beitragssätze erhöht werden. Nur bei älteren Arbeitnehmern ab 55 Jahren ist eine leichte Senkung auf 16 Prozent vorgesehen.
Für eine Übergangsgeneration von zehn Jahren würde zudem ein Zustupf aus den vorhandenen Rückstellungen der Pensionskassen finanziert.
Ruedi Studer
Die Reform der zweiten Säule wird zum Hickhack unter den Wirtschaftsvertretern. Einig ist man sich, dass der BVG-Umwandlungssatz von 6,8 auf mindestens 6,0 Prozent sinken soll. Gestritten wird darum, wie die das damit verbundene Rentenloch gefüllt werden soll. BLICK erklärt die wichtigsten Modelle.
Sozialpartner-Kompromiss
Der vom Bundesrat unterstützte Sozialpartner-Kompromiss will den Koordinationsabzug von 24'885 auf 12'445 Franken halbieren. Damit steigen der versicherte Lohn – und auch die Beiträge. Bei den Altersgutschriften gibt es nur noch zwei Beitragssätze (statt wie heute vier): Von 25 bis 44 Jahre fliessen 9 Prozent in die Pensionskasse, von 45 bis 65 Jahre 14 Prozent. Ältere Arbeitnehmer werden damit deutlich «günstiger».
Herzstück ist der Rentenzuschlag für alle Versicherten von 100 bis 200 Franken für die ersten 15 Jahrgänge. Danach wird der Zuschlag jedes Jahr neu bestimmt, abhängig vom vorhandenen Geld. Dafür müssen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zusammen 0,5 Prozent der AHV-pflichtigen Lohnsumme in einen Sicherheitsfonds zahlen – das wären aktuell gut 1,7 Milliarden Franken jährlich.
Gewerbe-Modell
Der Gewerbeverband will vom pauschalen Rentenzuschlag nichts wissen, ebenso wenig vom tieferen Koordinationsabzug. Stattdessen würden die Beitragssätze teils kräftig erhöht – in der Altersgruppe 35 bis 44 gleich von 10 auf 14 Prozent. Eine gewisse Kompensation für eine Übergangsgeneration von zehn Jahren würde zudem über den Sicherheitsfond finanziert.
Asip-Modell
Der Pensionskassenverband Asip möchte den Umwandlungssatz gleich auf 5,8 Prozent senken. Der Koordinationsabzug soll nur leicht sinken, auf maximal 21'330 Franken.
Die Rentenlücke würde in erster Linie durch höhere Beitragssätze für die jüngere Generation kompensiert. Künftig soll schon ab 20 statt erst 25 Jahren in die Pensionskasse gezahlt werden – und zwar gleich 9 Prozent.
Für eine Übergangsgeneration von zehn Jahren wäre eine Abfederung geplant. Den pauschalen Rentenzuschlag lehnt der Asip ab.
Banken-Modell
Das Modell der Banken, Baumeister und Detailhändler lehnt sich stark ans Asip-Modell an und will den Koordinationsabzug ebenfalls nur leicht senken. Zur Deckung der Rentenlücke sollen vor allem die Beitragssätze erhöht werden. Nur bei älteren Arbeitnehmern ab 55 Jahren ist eine leichte Senkung auf 16 Prozent vorgesehen.
Für eine Übergangsgeneration von zehn Jahren würde zudem ein Zustupf aus den vorhandenen Rückstellungen der Pensionskassen finanziert.
Ruedi Studer