Heute wählt der Kanton Tessin
Grüne Welle könnte über den Gotthard schwappen

Der Kanton Tessin wählt heute eine neue Regierung und sein Parlament. Schwappt die grüne Welle der Deutschschweiz über den Gotthard? Die Grünliberalen und die Lega verde haben im 90-köpfigen Grossen Rat in Bellinzona bisher keinen einzigen Sitz, die Grünen nur sechs.
Publiziert: 07.04.2019 um 11:01 Uhr
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Aktualisiert: 08.04.2019 um 16:16 Uhr
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Er steht im Fokus bei den Tessiner Staatsratswahlen: Manuele Bertoli. Verteidigt er den SP-Sitz?
Foto: Francesca Agosta
Andrea Willimann
Andrea WillimannBundeshaus-Redaktorin

Das Tessin ist ein klassischer Autofahrerkanton. Die Topografie des Kantons südlich der Alpen mit seinen Bergen und Tälern macht das Auto zum bevorzugten Verkehrsmittel. Doch plötzlich sieht sich das links-ökologische Lager auch im Südkanton im Scheinwerferlicht. Zwei Fragen interessieren heute bei den Tessiner Wahlen:

  • Schaffen die Grünliberalen den Einzug ins Kantonsparlament?

  • Und können auch die Grünliberalen und die neue Lega verde in der Sonnenstube von der Klimadiskussion profitieren?

Klar ist: Die Ökoparteien sind auch im warmen Süden im Aufwind. Wie andernorts kann aber auch im Tessin die SP kaum von der grünen Welle profitieren. Ihr droht heute gar ein schwarzer Sonntag, da der Regierungssitz von Erziehungsdirektor Manuele Bertoli (57) arg ins Wanken geraten ist. Die Genossen könnten eine historische Niederlage im Staatsrat gegen die FDP erleiden. Letztere ist im Gegenangriff, nachdem ihr die Lega vor acht Jahren den zweiten Staatsratssitz abgejagt hatte.

Die Chancen der FDP-Bewerberin Cristina Maderni (52) sind sehr gut – auch wegen des Frauenbonus' und weil der Tessiner Freisinn so geeint auftritt, wie schon lange nicht mehr. Die Aussichten von Bertoli hingegen sind getrübt, weil der SP-Staatsrat zu lange an einer Schulreform festhielt, die das Stimmvolk letztlich nicht wollte.

Kaum grosse Verschiebungen im Staatsrat

Die vier anderen Staatsräte, Justiz- und Polizeidirektor Norman Gobbi (Lega, 42), Baudirektor Claudio Zali (Lega, 57), Finanzdirektor Christian Vitta (FDP, 46) und Sozialdirektor Paolo Beltraminelli (CVP, 57) können sich wohl zurücklehnen. Dies, weil ihre Wahl – schweizweit einzigartig für Regierungsräte – im Proporzwahlverfahren erfolgt und laut kantonalen Umfragen beim Staatsrat nicht mit grossen Verschiebungen bei den Parteistärken zu rechnen ist.

Stabil dürften die Parteiverhältnisse auch im mehrheitlich bürgerlichen Grossen Rat bleiben. So könnten die Grünliberalen oder auch die 2018 gegründete Lega verde erstmals einen Sitz erobern. Denn sie beackern neben der Klimapolitik auch eifrig das Thema Gleichstellung – ein Thema, das mit der bisher geringen Frauenvertretung (22 Grossrätinnen im 90-köpfigen Rat) heuer besonders aktuell ist.

Auch bei der populistischen Lega rechnen Beobachter nicht mit Veränderungen. Sie paktiert im Staatsrat zwar mit der kleinen Tessiner SVP, nicht aber bei den Grossratswahlen. Die Lega dürfte – hinter den Freisinnigen – zweitstärkste Partei bleiben.

FDP vor Lega und der CVP

Bislang sieht die Sitzverteilung im Tessin folgendermassen aus: Die FDP liegt mit 24 Sitzen vor der Lega mit 22, der CVP mit 17 und der SP mit 13 Sitzen, sowie vor den Grünen mit 6 und der SVP mit 5 Mandaten. Das «Movimento per il socialismo» und die «Kommunistische Partei» haben je zwei Sitze inne, die Bewegung «Montagna Viva» einen Sitz.

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