Der Krieg im Jemen, die Katar-Krise und ein 110-Milliarden-Waffendeal mit US-Präsident Donald Trump (71) – die saudischen Herrscher lassen in jüngster Zeit kaum etwas aus, um sich in aller Welt unbeliebt zu machen. Notorische Menschenrechtsverletzungen und der im Westen seit langem gehegte Verdacht, dass der Gottesstaat den islamistischen Terror zumindest indirekt unterstützt, kommen hinzu.
In dieser angespannten Lage reist Johann Schneider-Ammann (65) zu einer zweitägigen Visite ins Königreich Saudi-Arabien. Nach dem Iran und Kuwait ist es bereits sein dritter Besuch in dieser Region in zwölf Monaten.
Gestern Abend traf der Wirtschaftsminister mit dem Bundesratsjet von Indonesien kommend in Dschidda am Roten Meer ein. Sicherheitsbedenken hat die offizielle Abordnung nicht. Ihr gehören unter anderen Economiesuisse-Präsident Heinz Karrer (58), Ex-CVP-Bundesrätin Ruth Metzler (53) und der Waadtländer FDP-Regierungsrat Philippe Leuba (51) an. Noch nie habe eine derart hochrangige Wirtschaftsdelegation den Wüstenstaat besucht, heisst es seitens der Schweizer Botschaft.
Im Gespräch mit SonntagsBlick macht Schneider-Ammann klar, dass er nicht in die feuchtheisse Küstenstadt gepilgert sei, um die Saudis für ihre Kraftmeiereien zu tadeln. Im Gegenteil, Schneider-Ammann glaubt, das Königreich habe viel «Engagement» im Kampf gegen den Terror gezeigt (siehe Interview).
Er will die Wirtschaftsbeziehungen zwischen beiden Ländern noch verstärken und stellt den Saudis die baldige Unterzeichnung eines Doppelbesteuerungsabkommens in Aussicht.
Audienz mit dem König
Bei so viel Wohlwollen stehen die Chancen wahrscheinlich gar nicht schlecht, heute Sonntag noch kurz bei König Salman ibn Abd al-Aziz (81) vorbeischauen zu dürfen. Eine kurze Audienz ist auf jeden Fall eingeplant, aber noch nicht offiziell bestätigt.
Wichtiger, zumindest aus der Sicht der breiten Bevölkerung, wäre das ebenfalls anvisierte Stelldichein bei Mohammed Bin Salman (31). Der Prinz, der zum künftigen König des Wüstenlandes ausersehen scheint, ist für die junge Generation ein Hoffnungsträger. «Mit ihm wird alles endlich besser», antwortet der Jungunternehmer Tarek (28) am Freitagabend im Einkaufscenter Red Sea Mall auf eine Frage von SonntagsBlick.
Nach den greisen Herrschern verstehe mit Mohammed Bin Salman endlich jemand der Führungsclique die Anliegen der jungen Generation, glaubt er. Tarek drückt damit die Hoffnung aus, dass sein Land endlich etwas liberaler werde. Keine Kinos, keine Popkonzerte, keine Frauen am Steuer: «Damit muss nun Schluss sein. Was nützt uns das?» Sein Freund Amir (26) ergänzt: «Wir wollen nicht nur ökonomischen Fortschritt, sondern auch gesellschaftlichen.» Die beiden Männer haben gerade Zeit für
einen Schwatz. Die Geschäfte haben für rund zwanzig Minuten ihre Rollläden heruntergelassen. In der Mall erklingt der für Westler typische orientalische Singsang eines Muezzins: Zeit für das Abendgebet.
Der in Saudi-Arabien über allem stehende Koran schreibt den Gläubigen fünf Pflichtgebete zu bestimmten Tageszeiten vor. Läden oder Restaurants dürfen während dieser Zeit nichts verkaufen. Die islamische Religionspolizei, die Mutawa, führt strenge Kontrollen durch.
Die Menschen im Einkaufszentrum stehen herum, unterhalten sich, aber nur die wenigsten beten. Plötzlich hören die Fürbitten auf, die Verkäufer kehren zu ihren Betrieben zurück und alles in der hypermodernen Mall geht wieder seinen gewohnten Gang.
Saudi-arabische Frauen mögen Schweizer Uhren
Shoppen gehört zu den Lieblingsbeschäftigungen der saudi-arabischen Bevölkerung. Besonders begehrt sind kostspielige Uhren aus der Schweiz. Vor allem bei den Damen beliebt sind Zeitmesser, die mit Diamanten besetzt sind – die glitzern dann absichtsvoll unter den traditionellen, pechschwarzen Abayas hervor, die in Saudi-Arabien fast alle erwachsenen Personen weiblichen Geschlechts in der Öffentlichkeit tragen.
Was sicher auch einer der Gründe dafür ist, dass Schneider-Ammann in Dschidda besonders sanfte Töne anschlägt. Denn in seiner Eigenschaft als Wirtschaftsminister kann er sich über die Saudis in der Tat nicht beklagen: Die Handelsbilanz der beiden Länder ist extrem unausgeglichen. Die Schweiz verkaufte im letzten Jahr sechsmal mehr Güter in den Staat im Nahen Osten, als Saudi-Arabien Waren in die Eidgenossenschaft liefern konnte.
Und zu besten Kunden soll man Sorge tragen – ob sie gerade beliebt sind oder nicht. Oder in den Worten von Schneider-Ammann: «Ich will unsere Firmen überall in der Welt unterstützen und die Märkte öffnen.» Er freue sich sehr, wenn er zum internationalen Erfolg unserer Firmen beitragen könne. «Das sichert die Arbeitsplätze in der Schweiz!»
Saudi-Arabien führt Krieg gegen seinen Nachbarn Jemen und boykottiert einen anderen Nachbarn, Katar. Kommt Ihr Besuch wirklich zur richtigen Zeit?
Johann Schneider-Ammann: Wir sind besorgt über die Eskalation in der Region. Es braucht eine Lösung der Krisen durch Dialog. Die Schweiz ist bereit, gute Dienste zu leisten, wenn es von den betroffenen Parteien gewünscht wird. Im Jemen helfen wir der leidgeprüften Zivilbevölkerung auch mit humanitärer Hilfe.
Sind Schweizer Waffenexporte nach Saudi-Arabien zu verantworten?Das sind schwierige Fragen, deshalb gibt es dazu rechtliche Regelungen. An die halten wir uns. Das Neutralitätsrecht enthält Regeln, die bei zwischenstaatlichen Konflikten zur Anwendung kommen. Das ist im Jemen nicht der Fall, die dortige Regierung kämpft mit ausländischer Unterstützung gegen aufständische Gruppierungen.
Das nützt der geschundenen Bevölkerung wenig.
Ja. Darum müssen wir verhindern, dass Kriegsmaterial aus der Schweiz zur Anheizung des Konflikts beiträgt. Deshalb beschloss der Bundesrat vor gut einem Jahr: Zugelassen werden Kriegsmaterialexporte an Länder, die im Jemen militärisch beteiligt sind, nur noch dann, wenn kein Grund zur Annahme besteht, dass die Waffen im Jemen zum Einsatz kommen könnten.
Das Königreich treibt bei der Unterstützung islamistischer Extremisten ein undurchsichtiges Spiel. Wäre es nicht besser, die Saudis dafür zu kritisieren, als sie mit einem Besuch noch zu hofieren?
Meine Kontakte mit Regierungsmitgliedern dienen dazu, Brücken zu schlagen. Wir haben beidseitige Interessen. Der Kampf gegen den transnationalen Terrorismus ist ein zentrales, weltweites Anliegen. Es ist international unumstritten, dass sich Saudi-Arabien im Kampf gegen Terrorismus engagiert und sein Engagement in diesem Bereich im letzten Jahrzehnt ausgebaut hat.
Saudi-Arabien führt Krieg gegen seinen Nachbarn Jemen und boykottiert einen anderen Nachbarn, Katar. Kommt Ihr Besuch wirklich zur richtigen Zeit?
Johann Schneider-Ammann: Wir sind besorgt über die Eskalation in der Region. Es braucht eine Lösung der Krisen durch Dialog. Die Schweiz ist bereit, gute Dienste zu leisten, wenn es von den betroffenen Parteien gewünscht wird. Im Jemen helfen wir der leidgeprüften Zivilbevölkerung auch mit humanitärer Hilfe.
Sind Schweizer Waffenexporte nach Saudi-Arabien zu verantworten?Das sind schwierige Fragen, deshalb gibt es dazu rechtliche Regelungen. An die halten wir uns. Das Neutralitätsrecht enthält Regeln, die bei zwischenstaatlichen Konflikten zur Anwendung kommen. Das ist im Jemen nicht der Fall, die dortige Regierung kämpft mit ausländischer Unterstützung gegen aufständische Gruppierungen.
Das nützt der geschundenen Bevölkerung wenig.
Ja. Darum müssen wir verhindern, dass Kriegsmaterial aus der Schweiz zur Anheizung des Konflikts beiträgt. Deshalb beschloss der Bundesrat vor gut einem Jahr: Zugelassen werden Kriegsmaterialexporte an Länder, die im Jemen militärisch beteiligt sind, nur noch dann, wenn kein Grund zur Annahme besteht, dass die Waffen im Jemen zum Einsatz kommen könnten.
Das Königreich treibt bei der Unterstützung islamistischer Extremisten ein undurchsichtiges Spiel. Wäre es nicht besser, die Saudis dafür zu kritisieren, als sie mit einem Besuch noch zu hofieren?
Meine Kontakte mit Regierungsmitgliedern dienen dazu, Brücken zu schlagen. Wir haben beidseitige Interessen. Der Kampf gegen den transnationalen Terrorismus ist ein zentrales, weltweites Anliegen. Es ist international unumstritten, dass sich Saudi-Arabien im Kampf gegen Terrorismus engagiert und sein Engagement in diesem Bereich im letzten Jahrzehnt ausgebaut hat.