Doris Fiala (62) politisiert mit Herz. Wenn sich die Zürcher FDP-Nationalrätin für ein Thema begeistert, kämpft sie wie eine Löwin. Für die Rechte von Schwulen und Lesben. Für das Rahmenabkommen mit der EU. Für die Frauen. Und seit geraumer Zeit auch für die Blockchain-Branche.
Im Bundeshaus ist die Freisinnige die engagierteste Botschafterin jener Boom-Technologie, die Personal Computer zu Datenbanken verknüpft und dadurch digitale Transaktionen einer völlig neuen Grössenordnung ermöglicht. Nun aber hat Fiala in den Augen ihrer Kritiker etwas gar viel Engagement gezeigt.
Am 2. April tagte die Geschäftsprüfungskommission (GPK) des Nationalrats. Deren Präsidentin ist Fiala. Auf der Traktandenliste stand ein Referat des Tech-Unternehmers Daniel Gasteiger (46) unter dem Titel: «Einführung in die Blockchain».
Vorteilhafter Auftritt
Gasteiger präsidiert den «Blockchain-Hub» Trust Square in Zürich, an dem mehr als 40 Unternehmen ansässig sind. Mit seiner eigenen Firma Procivis bietet Gasteiger IT-Lösungen im Bereich E-Government an. Entsprechend vorteilhaft dürfte der Auftritt vor rund 25 Bundesparlamentariern für ihn gewesen sein.
Die Sache ist bemerkenswert. Nicht nur wegen der Themensetzung – die Aufgabe der Behörde ist die Kontrolle von Bundesrat und Bundesverwaltung –, sondern vor allem deshalb, weil Fiala seit Herbst im Verwaltungsrat von Gasteigers Firma Procivis sitzt.
Sowohl in der Kommission als auch im Parlamentsregister hat Fiala diese Funktion offengelegt. Doch ihre Doppelrolle als GPK-Präsidentin und Vertreterin von Gasteigers Firma lässt aufhorchen – gerade in Zeiten, in denen Nebentätigkeiten und Partialinteressen von Volksvertretern zum Politikum geworden sind.
Die Frage drängt sich auf: Verwischte sie hier die Grenzen zwischen Politik und Lobbying allzu sehr? Hat Fiala ihre Position missbraucht?
Keinen Bezug zu GPK-sensiblen Geschäften
Sie verneint entschieden. «Es handelte sich um einen reinen Informationsanlass der GPK», stellt sie klar, «man könnte sogar fast von Weiterbildung sprechen.» Es gebe keinen Bezug zu GPK-sensiblen Geschäften. «Das Thema ist relativ neu, in aller Munde, sehr komplex und wird uns Politiker wohl noch intensiv beschäftigen.»
Das Sekretariat der GPK habe schon länger entschieden, auch Informationsanlässe durchzuführen, die nicht bloss mit Aufsichtsthemen zu tun haben. «Da ich mich punkto Blockchain unter den Nationalräten zu den First Movern (Vorreiter; Red.) zähle, lag es nahe, mehr Infos dazu übermitteln zu wollen.»
Warum aber kam ihr Geschäftspartner und nicht ein Konkurrent zu Wort? Es seien «mehrere Experten» im Gespräch gewesen, sagt Fiala. «Da aber Daniel Gasteiger einer der renommiertesten überhaupt ist auf seinem Gebiet, fiel die Wahl letztlich auf ihn.» Sie habe sich explizit abgesprochen.
Interessenbindung offengelegt
Für das Sekretariat sei es «vollends unproblematisch» gewesen, da sie ihre Interessenbindung offengelegt hatte. Neben dem Wirtschaftsvertreter Gasteiger seien ausserdem fünf weitere Experten aus der Bundesverwaltung aufgetreten.
Fiala findet lediglich eines zu kritisieren – dass die Information aus der GPK beim SonntagsBlick landet: «Es ist Wahljahr, da werden besonders jene Politiker, die unter Druck stehen, offensichtlich erfinderisch, wenn es darum geht, wie man ‹äs bitzli dräckle› könnte.»
Sie gibt wieder einmal die Löwin. Und zitiert den Satz, den sie in Konflikten gerne zitiert: «Wer ein reines Gewissen hat, geht fröhlich durch den grössten Mist!»