Heftige Kritik an Verknüpfung der Steuervorlage mit der AHV-Sanierung
«Bschiss», «Pflästerlipolitik», «Kuhandel»

Die Wirtschaftskommission des Ständerats will die Steuerreform mit einem AHV-Zustupf ins Trockene bringen. Das Paket hat Potenzial. Der Schuss könnte aber auch nach hinten losgehen.
Publiziert: 18.05.2018 um 13:42 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2018 um 22:47 Uhr
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Die Steuervorlage 17 soll gleichzeitig die AHV mit 2,1 Milliarden entlasten. Die Wirtschaftskommission des Ständerats ist überzeugt, dass die Vorlage damit bessere Chancen beim Volk hat, wie Präsident Pirmin Bischof (CVP) erklärte. (Archivbild)
Foto: PETER KLAUNZER
Julien Duc

Die Wirtschaftskommission des Ständerats (WAK) präsentierte am Mittwoch eine vermeintlich elegante Lösung, wie zwei gescheiterte Grossprojekte doch noch die Gunst der Bevölkerung erhalten. WAK-Präsident Pirmin Bischof (59) verkündete, die Steuervorlage 17 – also die Neuauflage der Unternehmenssteuerreform III – mit der AHV-Sanierung zu verknüpfen.

Konkret: Für jeden Franken, den Unternehmen künftig bei den Steuern sparen, soll ein Franken in die Sanierung der AHV fliessen (BLICK berichtete). 2,1 Milliarden Franken würden damit in die erste Säule fliessen – und das Parlament zeitlich entlasten, sich auf eine neue Altersreform zu einigen.

CVP-Bischof erhofft sich bessere Chancen vor dem Volk

Mit einem Ausgleich in der AHV habe die Steuerreform zudem in einer Volksabstimmung bessere Chancen als mit höheren Kinderzulagen, meinte Bischof unverblümt. Bischofs Partei, die CVP, brüstet sich damit, den Kompromiss in die Diskussion eingebracht zu haben.

Doch so reibungslos, wie sich das Bischof und Co. vorstellen, dürfte es nicht gehen. Im Ständerat sollte der Kompromiss gute Chancen haben. Doch wenn er im Herbst in den Nationalrat kommt, könnte er zerzaust werden.

SP ist gespalten, Grüne wohl dagegen

Die SP Schweiz nannte den WAK-Vorschlag am Mittwoch zwar «akzeptabel». Doch längst nicht alle Genossinnen und Genossen sind zufrieden. Die Juso kritisieren, dass die Verknüpfung beider Themen weder sinnvoll noch nachvollziehbar sei. Ausserdem stelle die Finanzspritze für die AHV keinen echten Ausgleich für die Steuerausfälle dar, wie die «NZZ» schreibt.

Nationalrätin Mattea Meyer (30) macht auf Twitter ihrem Unmut Luft. Sie nennt das Geschäft einen «absoluten Bschiss». Ihr Parteikollege Corrado Pardini (52) hingegen begrüsst, dass der AHV-Zustupf «die Gelegenheit verschafft, die Reform der Altersvorsorge mit etwas mehr Gelassenheit anzugehen». Der Berner geht davon aus, dass die SP-Fraktion dem Kompromiss zustimmen wird.

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Grünen-Präsidentin Regula Rytz (56) weiss jetzt schon, dass sie «den Kuhhandel» in der jetzigen Form ablehne. Die Jungen Grünen drohen derweil bereits mit dem Referendum, sprechen von einem «Zückerchen», um dem Volk die Steuererleichterungen für multinationale Konzerne zu verkaufen.

FDP ringt um ihre Position

Für den Freisinn gilt als oberstes Gebot, die Steuerreform so schnell wie möglich durchzubringen – im Interesse der Wirtschaft. Fraktionschef Beat Walti (59) geht deshalb davon aus, dass die FDP keine Fundamentalopposition betreiben werde.

Doch junge FDP-Exponenten mögen sich nicht wirklich mit dem Kompromiss anfreunden. Andri Silberschmidt (24) kanzelt diesen als «Pflästerlipolitik» ab. Der Präsident der Jungfreisinnigen findet es nicht in Ordnung, dass «die Jungen mit dem Kuhhandel der Kommission die Unternehmenssteuerreform bezahlen» müssen, wie das «St. Galler Tagblatt» schreibt.

Auch der freisinnige Ständerat Damian Müller (33) hält den Kompromiss für einen strategischen Fehler: «Mit der Zusatzfinanzierung der AHV von zwei Milliarden geben wir alle Zückerchen weg. Wenn es dann zur Altersreform kommt, haben wir der Linken nichts mehr anzubieten», moniert er. Auch Andrea Caroni (38) hat «Mühe» mit dem WAK-Entscheid. Dieser gehe auf Kosten der Jungen, meint er.

Heute Freitag will die Partei eine erste Debatte über den Kompromiss führen. Ihre Position wird mit Spannung erwartet. Denn sie werden entscheidend sein, ob das Paket eine Mehrheit findet.

SVP beharrt auf Rentenalter 65 für Frauen

Für die SVP kommt der Deal nämlich nur in Frage, wenn darin auch das Rentenalter 65 für Frauen verankert wird. Dagegen dürften wiederum die Sozialdemokraten Sturm laufen. Auch GLP und BDP stehen der Steuerreform-AHV-Verknüpfung kritisch gegenüber.

Zu allem Übel stellt sich auch noch die Frage, ob die Verknüpfung rechtmässig ist. Die Unternehmenssteuerreform und diejenige der AHV sind zwei sachfremde Themen. Das könnte die unverfälschte Stimmabgabe, ein zentrales politisches Recht, verletzen. Die WAK ist sich diesem Umstand bewusst und möchte ihren Kompromiss auf seine Rechtmässigkeit überprüfen lassen, wie die «NZZ» schreibt.

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