An einer Medienkonferenz in Istanbul sprach er von einer voreingenommenen Haltung gegenüber der Türkei und «Doppelmoral». «Unsere europäischen Freunde sollen in dieser Angelegenheit Besonnenheit zeigen», sagte Tunc. Es gelte, das Ergebnis der laufenden Untersuchungen abzuwarten.
Vergangene Woche war der beliebte Oppositionspolitiker Ekrem Imamoglu nach Korruptions- und Terrorvorwürfen verhaftet und als Istanbuler Bürgermeister abgesetzt worden. Darauf folgten massive Proteste innerhalb des Landes und teils scharfe Kritik aus dem Ausland.
Die deutsche Regierung etwa nannte die Inhaftierung und Absetzung Imamoglus «absolut inakzeptabel». EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bezeichnete den Vorgang «äusserst besorgniserregend». Die EU schliesst angesichts der Entwicklungen in der Türkei eine Absage geplanter Gespräche über den Ausbau der Zusammenarbeit nun nicht aus.
Tunc: Zwangsverwalter für Istanbul nicht ausgeschlossen
Im Land gehen seit der Verhaftung Imamoglus vergangene Woche jeden Tag Zehntausende auf die Strasse. Sie werfen dem Präsidenten Recep Tayyip Erdogan vor, den Oppositionspolitiker mit den Ermittlungen politisch kaltstellen zu wollen. Imamoglu wurden bislang Chancen zugerechnet, sich bei der nächsten Präsidentschaftswahl gegen Erdogan durchsetzen zu können.
Tunc schloss nicht grundsätzlich aus, dass ein Zwangsverwalter anstelle des Istanbuler Bürgermeisters eingesetzt würde. Das türkische Recht sehe vor, dass das Innenministerium bei Terrorermittlungen einen solchen Schritt ergreifen könne. Im Falle Imamoglus hat das Stadtparlament am Mittwoch einen CHP-Abgeordneten zu seinem Stellvertreter gewählt.
Oppositionelle befürchten, die Regierung könne sich mit einem Zwangsverwalter die Kontrolle über die wirtschaftlich und politisch bedeutsamste Stadt des Landes sichern wollen. Diese war seit 2019 von Imamoglu und seiner CHP, der stärksten Oppositionspartei des Landes, regiert worden.