Seltenes Bild politischer Einigkeit: Ein halbes Dutzend Nationalrätinnen spannt im Einsatz gegen häusliche Gewalt zusammen.
Am Tag der Frau – Montag, 8. März – lancieren Min Li Marti (SP, ZH), Marianne Binder (Die Mitte, AG), Léonore Porchet (Grüne, VD), Kathrin Bertschy (GLP, BE), Jacqueline de Quattro (FDP, VD) und Céline Amaudruz (SVP, GE) eine parlamentarische Initiative.
Damit soll der Grundsatz verankert werden, dass die Behörden künftig die Täter aus der gemeinsamen Wohnung entfernen und nicht die Opfer ihr Heim verlassen müssen. «Die Geissel der häuslichen Gewalt zieht sich durch alle Schichten, sie steckt tief drin in unserer Gesellschaft», sagt de Quattro. «Wir müssen sie effizienter und entschiedener bekämpfen.»
Opfer müssen doppelt leiden
Vor ihrer Wahl in den Nationalrat leitete de Quattro als Regierungsrätin das Waadtländer Sicherheitsdepartement. «Ich war bei Einsätzen der Polizei dabei und kenne den Druck, der auf den Familien lastet.»
Aus ihrem Heimatkanton stammt das Prinzip, das die Parlamentarierinnen nun auf Bundesebene festschreiben wollen: Wer schlägt, geht.
Bevor dieser Grundsatz in der Waadt gängige Praxis wurde, hätten 95 Prozent der Opfer die gemeinsame Wohnung verlassen. Sie hätten doppelt gelitten: erst an der Gewalt, dann an der Vertreibung von zu Hause. Ein paar Wochen später, so de Quattro, sässen alle wieder in der gleichen Wohnung, der Druck steige erneut.
Grösste Gefahr für Frauen sind die eigenen vier Wände
Diesen Teufelskreis der Gewalt gilt es zu durchbrechen, erklären die Politikerinnen. Das bedeute auch, Begleitprogramme für Opfer und Täter zu verstärken. «Der gefährlichste Ort für eine Frau, an dem das Risiko, verletzt oder sogar getötet zu werden, am grössten ist, sind die eigenen vier Wände», sagt SP-Nationalrätin Min Li Marti.
Umso wichtiger, dass punkto häuslicher Gewalt heute ein parteiübergreifender Konsens existiere – auch infolge der Erneuerung des Parlaments bei den Wahlen vor anderthalb Jahren und des Frauenstreiks von 2019. Noch nie wurden derart viele Parlamentarierinnen in die Räte gewählt. Marti: «Zugleich haben die Wählerinnen aber die Erwartung, dass diese Politikerinnen ihre Anliegen auch vertreten.»