Herr Glättli, der Fichenberg beim NDB wächst wieder (BLICK berichtete) und der Informationsaustausch erreicht ein Rekordhoch. Was halten Sie von dieser Entwicklung?
Balthasar Glättli: Dieser Anstieg macht mir Sorgen. Für mich ist klar: Jeder Geheimdienst sammelt so viele Infos, wie er kann. Gerade mit der neuen Internetüberwachung, der sogenannten Kabelaufklärung, fürchte ich, dass die Menge der gespeicherten Daten nochmals explodiert. Denn jeder Geheimdienst geht an die Grenze des rechtlich möglichen – oder darüber hinaus. Diese Lehre aus der Vergangenheit gilt auch für die Zukunft.
Sie unterstellen dem NDB, dass er ausserhalb der Gesetze operiert.
Er tat das zumindest in der Vergangenheit. Das Problem ist aber, dass der Geheimdienst mit dem neuen Nachrichtendienstgesetz viel mehr Kompetenzen erhalten hat, die Kontrolle aber nicht transparenter wird. Darum braucht es hier allermindestens öffentliche Informationen, wie viele Fälle überwacht werden und wie viele Daten gesammelt und ausgetauscht werden.
Sie fordern mehr Transparenz?
Ja, und zwar über nachrichtendienstlich unproblematische Zahlen. Es bräuchte aber auch eine bessere Kontrolle und klarere Begriffe in den Verordnungen. Leider wurden meine Anträge dazu in der Sicherheitspolitischen Kommission abgelehnt. Umso mehr werden wir Grünen weiterhin hartnäckig die Intransparenz des Geheimdienstes kritisieren.
Dank dem Gesetz hat der NDB neu die Möglichkeit, sich internationalen Datenbanken anzuschliessen. Gerade für die Terrorbekämpfung ist eine solche Zusammenarbeit doch wichtig.
Zusammenarbeit mit ausländischen Diensten kann in Einzelfällen sinnvoll und zielführend sein. Dass aber sogar die einfache Anzahl dieser Zusammenarbeiten geheim bleibt und nicht veröffentlicht wird, lässt Übles befürchten. Ich habe Angst, dass mit dem automatisierten Austausch eine neue Dimension des Schnüffelstaats beginnt.
Der Austausch macht sicherheitspolitisch doch Sinn.
Nur in Einzelfällen. Leider ist auch in der Schweiz der Irrtum verbreitet, wenn man auf Freiheit und Privatsphäre verzichte, werde dafür die Sicherheit grösser. Darum wurde leider auch das neue Nachrichtendienstgesetz mit grosser Mehrheit angenommen.