Immer wieder sind Privilegien für Bundesparlamentarier ein Aufreger. Und oft sind den Kritikern die 1.-Klass-Generalabonnements (GA), die alle Parlamentarier erhalten, ein Dorn im Auge. Plus Gratis-Parking auf allen SBB-Parkplätzen in der Schweiz, versteht sich.
SVP-Nationalrat Lukas Reimann (35) wollte dem einen Riegel schieben. Ginge es nach ihm, erhielten die Mitglieder von National- und Ständerat nur noch ein 2.-Klass-GA. Damit liessen sich 600'000 Franken sparen. «Ein starkes Signal ans Volk, dass man gewillt ist, selbst einen Beitrag zur Erhaltung des Budgets zu leisten», so Reimann 2016, als er seine Motion einreichte.
Reimanns Motion hatte zwei Schönheitsfehler
Nur: Der Vorstoss, der diesen Donnerstag im Nationalrat mit 154 Nein- zu 28 Ja-Stimmen und neun Enthaltungen versenkt wurde, hatte zwei Mankos:
Erstens kam er zu spät. Bekanntlich schrieb die letztjährige Rechnung des Bundes einen Gewinn von fast drei Milliarden Franken. Die Parlamentarier sehen sich offenbar nicht mehr zu Sparsamkeit veranlasst.
Und zweitens hatte Reimann mit seiner Motion auch die GA der Kaderangestellten von Bund, SBB und dem Verband öffentlicher Verkehr im Visier. Diese erhalten den ÖV-Freipass als Lohn- oder Spesenbestandteil.
Wie sich aber ihr Einkommen zusammensetzt, dazu habe das Parlament nichts zu sagen, befand der Bundesrat. Dafür seien die jeweiligen Arbeitgeber zuständig. Ausserdem hätten die Bundesangestellten in der 1. Klasse mehr Ruhe und mehr Platz zum Arbeiten.
Kälin möchte das Ende der 1. Klasse bei den SBB
Just dieses Argument kommt einem bekannt vor. Mit genau diesem wurde die Grünen-Nationalrätin Irène Kälin (31) Ende Januar von den Parlamentsdiensten abgespiesen. Die Aargauerin rutschte im November 2017 in den Nationalrat nach und wollte ausdrücklich ein 2.-Klass-GA, wie die «Aargauer Zeitung» berichtete.
Kälin enthielt sich gestern der Stimme zur Motion, wie der Aargauer SVP-Nationalrat Andreas Glarner (55) sofort verbreitete. Das Argument der Lenzburgerin: Die Politik dürfte den SBB nicht in die Lohnverhandlungen reinreden und die GA seien ein Lohnbestandteil.
An ihr 1.-Klass-Privileg will sie sich aber überhaupt nicht gewöhnen. Sie wird deshalb einen eigenen Vorstoss nur zur Abschaffung der 1.-Klass-GA für Parlamentarier einreichen.
Denn die 1. Klasse findet sie grundsätzlich störend. Den grosszügigen Raum könnten 2.-Klass-Reisende in Stosszeiten gut gebrauchen.