Nach dem Abstimmungssieg am 12. Februar ist die SP in Hochstimmung. Die Unternehmenssteuerreform USR III gebodigt zu haben, lässt die Hoffnungen in den Himmel fliegen. Von einer historischen Chance ist die Rede. Vieles deute darauf hin, dass «wieder ein sozialdemokratisches Zeitalter» anbrechen könnte.
«Wir müssen selbstbewusst 30 Prozent Wähleranteil anstreben», folgert Nationalrat Corrado Pardini (BE) daher gegenüber der Zeitung «Schweiz am Wochenende». Das hat seit Einführung des Proporzwahlrechts 1919 noch keine Partei geschafft. Dennoch schätzt auch Fraktionschef Roger Nordmann (VD), ein gewiefter Taktiker, die Chancen auf 30 Prozent Wähleranteil als intakt ein. «Wir machen längst pragmatische Politik für breite Schichten», sagt er.
Umstrittener Fokus auf den Mittelstand
Um dieses überaus ambitionierte Ziel zu erreichen, müsse die SP jedoch wegkommen von der rhetorischen «Sektiererei», so Nordmann. In der Vergangenheit sei sie zu oft wie ein Hilfswerk aufgetreten.
Entscheidend sei, den Mittelstand zurückzugewinnen, sagt Pardini – etwa Schreiner, Verkäuferinnen oder Angestellte. Doch das kommt nicht überall gut an. So findet Nationalrat Cédric Wermuth, dass dieses Motto den Zugang zu rund einer Million Menschen verschliesse, die von Armut betroffen seien. Auch Juso-Präsidentin Tamara Funiciello findet den Begriff Mittelstand «definitionslos und leer».
Reaktion auf Reformflügel?
Den angepeilten Fokus auf den Mittelstand kann man auch als Reaktion auf die Gründung eines Reformflügels der SP unter den Ständeräten Pascale Bruderer (AG) und Daniel Jositsch (ZH) verstehen. Diese kritisieren den zunehmend klassenkämpferischen Linkskurs der Partei und treten für eine pragmatische Politik mit Augenmass ein.