Dichtes Gedränge gestern Morgen im Zürcher Hauptbahnhof. Jugendliche Aktivisten wedeln mit Bündeln von 10-Franken-Noten. Dann händigen sie die gelb-orangen Scheine an verdutzte Passanten aus. Einfach so. Zehntausend Franken wechseln innert wenigen Minuten die Besitzer. Dann ist der Spuk vorbei.
Gratis-Geld fürs Volk also. Ein Scherz? Im Gegenteil! Für die Anhänger des Grundeinkommens, die hinter der Aktion im Hauptbahnhof stehen, ist das Geld-Verteilen purer Ernst. Wenn es nach ihnen geht, dann soll die Schweiz bald schon eine viel mächtigere Geld-Schleuder anwerfen.
Statt 10 soll es dann 2500 Franken geben. Monatlich. Bedingungslos. Und zwar für jeden Bewohner der Schweiz. Wer arbeiten will, kann Geld dazuverdienen. Wer lieber zu Hause vor der Glotze sitzt oder den ganzen Tag im Bett verbringt, kann auch das tun.
Wer heute 6000 Franken pro Monat verdient, dürfte künftig gleich viel Geld zur Verfügung haben. Der Grundsockel von 2500 Franken käme einfach vom Staat, der Arbeitgeber müsste nur noch 3500 drauflegen. Trotzdem wäre es eine Revolution. Und sie könnte Realität werden.
Voraussetzung ist, dass das Stimmvolk Ja sagt, wenn die Volksinitiative für ein bedingungsloses Grundeinkommen am 7. Juni an die Urne kommt. Da keine Partei das Anliegen unterstützt, stehen die Chancen relativ schlecht.
Doch davon liessen sich die Grundeinkommen-Initianten gestern nicht aus der Ruhe bringen. Ein Volks-Nein wäre für die Unternehmer, Künstler und Querdenker des Komitees höchstens ein leichter Dämpfer. Der Basler Mitinitiant Daniel Häni sagte: «Die Entwicklung hin zum Grundeinkommen findet sowieso statt.»
Warum sind die Initianten so überzeugt von dieser Idee? Weil sie bei näherer Betrachtung einige starke Argumente für ihren Umbau der Schweiz haben. Das bedingungslose Grundeinkommen ist für sie nicht die Aufforderung an den Staat, eine gemütliche Hängematte für das Volk aufzuspannen. Sondern vielmehr die vernünftige Antwort auf brennende Fragen unserer Zeit.
Zum Beispiel: Was soll mit den Zehntausenden Menschen in der Schweiz geschehen, die wegen der Digitalisierung der Arbeitswelt ihren Job verlieren werden? Das Grundeinkommen, so die Annahme, würde diesen Menschen den Gang aufs Sozialamt ersparen und ihnen erlauben, anderswo eine sinnstiftende Tätigkeit zu finden.
Ein weiteres Argument: Der Unterhalt unserer Sozialwerke wird immer komplexer und immer teurer. Das Grundeinkommen könnte AHV, IV und Sozialhilfe ersetzen und die Sozialbürokratie auf einen Schlag beseitigen.
Bleiben die Finanzen. Denn gratis ist das Grundeinkommen natürlich nicht. Nach Berechnungen des Bundes würde es pro Jahr 208 Milliarden Franken kosten. Auftreiben wollen die Initianten das Geld – ganz unvisionär – bei den Unternehmen, durch Umlagerungen von den Sozialwerken und durch neue Steuern.