Gotthard-Turbos wegen Studie auf dem Prüfstand
Auto-Politiker für mehr Tempokontrollen

Viele Gotthardtunnel-Turbos befürworten die zweite Röhre damit, dass der 2,8 Milliarden Franken teure Tunnel mehr Sicherheit bringt. Es gibt jedoch auch viel günstigere Massnahmen, wie die Abschnittskontrolle. Diese rettet Leben und spart Geld.
Publiziert: 28.01.2016 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 20:22 Uhr
Studie beweist: Mit Abschnittsgeschwindigkeitskontrollen wie beim Arisdorftunnel lässt sich die Unfallrate in Tunnels massiv senken.
Foto: Keystone
Christoph Lenz

Mehr Sicherheit, darum geht es bei der zweiten Röhre am Gotthard. So jedenfalls lautet das Hauptargument der Tunnel-Turbos. Und es verfängt. 64 Prozent der Stimmbürger wollen am 28. Februar der 2,8 Milliarden Franken teuren Vorlage, die nebst einer Sanierung des Strassentunnels auch den Bau der zweiten Röhre vorsieht, zustimmen. Dies hat die SRG-Trendumfrage kürzlich ergeben. 

Dennoch kommen die Tunnel-Turbos jetzt ins Schwitzen. Denn auch günstigere Massnahmen können die Sicherheit in Tunnels massiv verbessern. Etwa sogenannte Abschnittsgeschwindigkeitskontrollen (AGK).

Anders als bei konventionellen Radargeräten wird hier das Tempo von Fahrzeugen nicht nur punktuell gemessen. Vielmehr wird mit zwei Messpunkten die Durchschnittsgeschwindigkeit des Autos auf einer bestimmten Strecke errechnet. Liegt sie höher als das Tempolimit, gibt es eine Busse. Verkehrsteilnehmer sollen so zu konstanter Fahrweise erzogen werden. In der Schweiz gibt es erst eine Anlage, sie wurde 2011 im Arisdorftunnel auf der A2 in Betrieb genommen.

Eine unveröffentlichte Studie des Österreichischen Kuratoriums für Verkehrssicherheit kommt jetzt zum Schluss, dass Abschnittskontrollen die Sicherheit in Tunnels äusserst effektiv erhöhen. Die Unfallrate in Tunnels mit AGK liegt mehr als 35 Prozent tiefer als in Tunnels ohne AGK. Die Unfallkostenrate sei sogar nur halb so hoch als im Durchschnitt, so Studienleiter Klaus Robatsch zu Blick.ch. Mit anderen Worten: Die Abschnittskontrolle rettet Leben und spart Geld. 

Pikant: Viele Politiker, die sich vor der Abstimmung über die zweite Röhre am Gotthard als besorgte Sicherheitsapostel aufspielen, haben sich noch vor wenigen Jahren mit Händen und Füssen gegen mehr Radar- und Abschnittskontrollen gewehrt. Unter anderem SVP-Verkehrspolitiker Ulrich Giezendanner (AG). Die Frage liegt somit auf der Hand: Meinen es Giezi und Co. tatsächlich ernst mit der Sicherheit im Verkehr? Oder wollen sie dem Volk mit dem vorgeschobenen Sicherheitsargument einfach einen teuren Strassenausbau schmackhaft machen?

Zwar lehne er eine immer stärkere Überwachung des Verkehrs grundsätzlich ab, sagt SVP-Giezendanner auf Anfrage. «Aber wenn die Unfallrate durch Abschnittskontrollen wirklich so stark gesenkt werden kann, müssen wir das auch hierzulande verstärkt einsetzen.» Voraussetzung sei aber, dass eine Prüfung für die Schweiz dies untermauere.

Foto: KEY

«Ein erstaunlicher Schlenker», kommentiert zweite Röhre-Gegnerin Evi Allemann (SP). Just jene, die jetzt mehr Sicherheit im Verkehr forderten, hätten in den letzten Jahren konsequent dagegen gestimmt. «Wir können nur hoffen, dass Giezendanner auch nach der Gotthard-Abstimmung noch bereit ist, über Massnahmen zur Verkehrssicherheit zu diskutieren.» 

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