Noch eine Woche bleibt den Kämpfern in der Gotthard-Schlacht, ihre letzten Reserven zu mobilisieren. Gerade im Bereich der Sicherheitsthematik würden beide Lager nur allzu gerne die Beratungsstelle für Unfallverhütung (BfU) auf ihrer Seite wissen. Als Kronzeugin dafür, ob die zweite Röhre sicherheitstechnisch tatsächlich etwas taugt – oder eben nicht.
Beide Lager berufen sich auf BfU
Klar ist, beide Lager stützen sich in ihrer Argumentation derzeit auf die BfU. Konkret auf eine 2013 veröffentlichte Analyse, wie sich eine zweite Röhre auf das Unfallgeschehen im Gotthard auswirken dürfte.
Mit zwei einspurig betriebenen Röhren dürfte sich die Zahl der Unfallopfer von rund elf auf fünf Personen pro Jahr halbieren, so das Resultat. Jedes Jahr gäbe es einen Schwerverletzten und vier Leichtverletzte weniger. Zudem würde alle zwei Jahre ein Person weniger getötet. Ein Argument, welches die Tunnelfreunde mit Freuden ins Feld führen.
Aber Achtung: Auch die Tunnelgegner berufen sich auf die BfU. Im Vergleich mit durchschnittlich rund 28'000 Verkehrsunfallopfern – davon gegen 500 Getötete – pro Jahr, sei «das Rettungspotenzial also gering», hält die Studie fest. Und sollten die beiden Röhren dereinst doch jeweils zweispurig befahren werden, würden bereits «geringe Mengen» des dadurch generierten Mehrverkehrs «den durch die Zweiröhrigkeit erzielten Sicherheitsgewinn wieder zunichtemachen». Eine Verkehrszunahme um drei Prozent reicht dafür, rechnet die BfU vor.
BfU: «Absolut neutral»
Und welche Schlüsse zieht die BfU aus ihrer Untersuchung nun ganz offiziell für die Gotthard-Abstimmung? Was empfiehlt sie den Stimmbürgern?
BfU-Sprecher Daniel Menna: «Da die BfU-Studie sowohl von Gegnern als auch von Befürwortern für ihre Zwecke instrumentalisiert wird, hat die BfU beschlossen, sich im Vorfeld der Abstimmung absolut neutral zu verhalten und für keinerlei weitere Auskünfte zur Verfügung zu stehen.»
Ausgerechnet die Sicherheitsexpertin verbietet sich in dieser zentralen Sicherheitsfrage den Mund!
Das lässt Raum für Spekulationen: Offenbar stellt sich nämlich selbst bei Sicherheitsexperten die Frage, ob das Geld für die zweite Gotthardröhre an anderen Hotspots nicht für deutlich mehr Sicherheitsgewinn sorgen würde.