Als Teenie lebte Pascal Bieri ein Jahr in den USA – und lernte dabei zwei politische Grundsätze. Einerseits zeigte ihm der Aufenthalt, «wie schlecht eine Polarisierung der Politik ist. Es darf nie nur eine Wahl zwischen Rechts und Links geben.» Andererseits ärgerte sich der junge Mann aus Sursee LU über 16-jährige US-Halbstarke, die einfach so Getränkedosen aus dem Fenster ihrer Autos schmissen.
Das prägte sein grünes Gewissen – ebenso die Erkenntnis, dass er zur Generation gehört, die während der Tschernobyl-Katastrophe 1986 im Säuglingsalter war. «Wir hätten vom nuklearen Niederschlag direkt betroffen sein können.»
So begann Bieri in der Kantizeit, politisch zu ticken. Weil ihm die Grünen zu links waren, wählte er CVP oder FDP. Aber ohne Überzeugung. Die herkömmlichen Mitteparteien setzten auf Atomstrom – und hinterliessen damit «späteren Generationen Abfälle, die noch Jahrhunderte strahlen werden».
Langes Warten – bis Bäumle kam
Auf eine Partei, die seinem Weltbild entsprach, musste Bieri warten. Bis ins Jahr 2008: Nationalrat Martin Bäumle begann die Expansion seiner Grünliberalen über die Zürcher Kantonsgrenzen hinaus. «Ich wusste gleich: Das ist das Richtige für mich», erinnert sich Bieri. Zusammen mit Gleichgesinnten gründete er im Juli die GLP-Sektion Sursee.
In den ländlichen Gebieten Luzerns sah Bieri praktisch auf jedem Hügel Einfamilienhäuser aus dem Boden schiessen. Der Grund für diese rasche Zubetonierung liegt für ihn in einer grundsätzlich falschen Politik: «Wer mit dem Auto weit pendelt, wird noch belohnt durch Steuerabzüge – obwohl er dadurch Natur und Infrastruktur belastet.»
Die Zersiedelung möchte Bieri mit einer Kürzung der Abzüge und einem Roadpricing in den Städten stoppen. Und mit verdichtetem Bauen in den Zentren. «Wer viel Wohnraum beansprucht, könnte über eine Bodenverbrauchssteuer stärker zu Kasse gebeten werden.»
Liberal, aber mit Herz für die Schwachen
Doch der Betriebsökonom fügt schnell hinzu: «Natürlich dürfte eine solche Steuer nie eingeführt werden ohne alte Steuerzöpfe abzuschneiden.» Als Grünliberaler hat er ja auch wirtschaftsfreundlich zu sein – wo bliebe sonst die Abgrenzung zu den Grünen? «Ich lege grossen Wert auf Selbstbestimmung und Freiraum. Wir müssen uns vor Überregulierungen hüten», sagt Bieri.
Doch ein Studiensemester im gesellschaftlich zerrütteten Argentinien hat ihm gezeigt, dass der Staat für die Armen und Schwachen sorgen müsse. «Soziale Unruhen sind auch für die Privatwirtschaft Gift.»
Bieri wäre einer der jüngsten Nationalräte. Aus der Perspektive des Nachwuchs argumentiert er, wenn er den bilateralen Weg mit der EU verteidigt: «Die Personenfreizügigkeit bietet uns riesige Chancen. Wir Junge können ohne Umstände im Ausland studieren oder arbeiten.»
Noch lange nicht am Ende des Weges
Über seine eigenen Wahlchancen macht sich Bieri keine Illusionen: Er wird wohl nicht zu den fünf neuen Nationalräten gehören, die sich GLP-Boss Bäumle landesweit erhofft. Aber auch wenns mit dem Ticket nach Bern nicht klappt: Mit 26 ist der Mann mit dem breiten Lachen noch lange nicht am Ende seines politischen Wegs angelangt.
Im Herbst beginnt er zudem seinen Master an der HSG. Bei einer Bank landen möchte er später nicht. Die Beschreibung seines Traumjobs tönt schon fast wie ein grünliberales Klischee: «Ich möchte ökologische Aspekte und eine internationale Wirtschaftstätigkeit verbinden.»