Es ist das erste Referendum von Albert Rösti (49): Die Partei des SVP-Präsidenten sammelt Unterschriften gegen die Energiestrategie 2050, die laut der Volkspartei für Familien massive Mehrkosten bedeuten würde. Scheitern verboten. Nicht auszudenken, wenn der im April gewählte Chef der Volkspartei die 50'000 notwendigen Unterschriften nicht zusammenbringen würde. Die Häme der Konkurrenz von den Grünen bis zur FDP, die geschlossen für das Anliegen eintritt, wäre Rösti sicher.
Jetzt bekommt der SVP-Präsident unerwartete Schützenhilfe. GLP-Chef Martin Bäumle (52) hat das Referendum unterschrieben. Am Donnerstag im Bundeshaus-Restaurant Galerie des Alpes setzte der vehemente Gegner der Atomenergie seine Unterschrift auf einen Bogen.
Entscheid an der Urne
Grund für den politischen Coup: Der Zürcher Nationalrat will eine Volksabstimmung. «Es braucht einen Entscheid an der Urne», sagt Bäumle. Nur so werde der anvisierte Umbau von fossilem und nuklearem auf erneuerbaren Strom demokratisch legitimiert. «Damit wäre der Ausstieg aus der Kernenergie für eine Generation auf sicheren Füssen.»
Was den Atmosphärenwissenschaftler zum Mitmachen bewog: 46 Prozent der Wähler stimmten Ende November für die Atomausstiegs-Initiative, obwohl sie einen radikalen Zeitplan für das Abschalten der AKW verlangte. «Es wird trotz dieses Achtungserfolges immer Ewiggestrige geben, die den Ausstieg in Frage stellen. Deshalb braucht es jetzt ein klares Ja von wenigstens 60 Prozent für das Jahrhundertprojekt», sagt Bäumle. Dem Stadtrat von Dübendorf ZH ist bewusst, dass er pokert. Geht die Abstimmung im kommenden Jahr verloren, stünde die Schweizer Energiepolitik vor einem Scherbenhaufen. «Dieses Restrisiko müssen wir in Kauf nehmen.» Er sei überzeugt, dass das Volk die Energiewende klar unterstütze.
Albert Rösti freuts: «Martin Bäumle beweist, dass er ein echter Demokrat ist.» Nach dem unwürdigen Schauspiel bei der Umsetzung der Masseneinwanderungs-Initiative sei es erfreulich, wenn sich jemand dafür einsetze, dass das Volk entscheiden könne.
Hoffen auf mehr
Rösti gibt die Hoffnung nicht auf: «Bäumle ist auch Finanzpolitiker. Vielleicht wird er im Geheimen sogar die Energiestrategie 2050 ablehnen.»