Glosse
Das Bermuda-Dreieck der Eidgenossenschaft

Die Schweiz hat neben der Corona-Krise noch ganz andere Probleme – jedenfalls sieht das die Verwaltungsdelegation des Parlaments so. Eine halbe Million Franken wird ausgegeben, um die gähnende Leere am Bundeshaus zu füllen.
Publiziert: 04.02.2021 um 09:44 Uhr
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Aktualisiert: 12.10.2022 um 18:36 Uhr
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Der Glarner FDP-Ständerat Thomas Hefti wird als Jurypräsident den Kunstwettbewerb leiten.
Foto: Keystone
Daniel Ballmer

Wer kennt es nicht? Dieses beklemmende Gefühl der Leere beim Anblick des altehrwürdigen Bundeshauses, dieses Zentrums der Macht. Dieses lähmende Gefühl: Hier stimmt etwas nicht. Und doch kriegt man nicht zu fassen, was genau es ist, das uns hier quält.

Erleuchtung bringt die Verwaltungsdelegation des Parlaments – und endlich fällt es uns wie Schuppen von den Augen: Es ist das Giebelfeld über dem Eingang! Öd und schmucklos prangt das Dreieck zwischen Haupteingang und Bundeshauskuppel. Ein Nichts, das den Betrachter verhöhnt.

Welch architektonisches Verbrechen, mit dem das Schweizer Volk schon viel zu lange leben muss! Immerhin hatte bereits Erbauer Hans Wilhelm Auer in diesem Dreieck Kunst vorgesehen. Doch der Bau, er blieb unvollendet.

Bis jetzt! Nun will die Parlamentsspitze das schmucklose Giebelfeld endlich seiner Bestimmung zuführen – mit zeitgenössischer Kunst. Der Wettbewerb läuft. 15 Künstlerinnen und Künstler sind eingeladen, bis im Herbst Ideen einzubringen. Rechtzeitig zum 175. Geburtstag der modernen Schweiz 2023.

Lächerlich anmutende 500'000 Franken stehen für die längst überfällige Vollendung bereit – ein Klacks verglichen mit den Summen, die zur Bewältigung der Corona-Krise aufgeworfen werden.

Das Gefühl der Leere, es findet bald ein Ende. Die Parlamentsspitze hat dazu die schweizerischste aller Lösungen gewählt: Irgendwelche Löcher werden einfach mit Geld gestopft. Das Giebelfeld wird zum Bermuda-Dreieck der Eidgenossenschaft.

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