Aussenminister Ignazio Cassis (58) hatte dem Schweizer Rohstoff-Konzern noch im Januar einen Persilschein ausgestellt. Damals ging es um die Kupfermine Mopani in Sambia, die er medienwirksam besuchte. Der Glencore-Konzern tue alles, um die skandalträchtige Vergangenheit weit hinter sich zu lassen, liess sein Departement da verlauten.
Jetzt geht es um Korruption
Damit nicht genug: Das an der Börse in London kotierte Unternehmen ist nun auch ins Visier von britischen Aufsichtsbehörden geraten. Ermittelt wird wegen Korruptionsverdachts.
Die Strafermittlungsbehörde Serious Fraud Office (SFO) habe eine Untersuchung wegen möglicher Bestechung eingeleitet, teilte der in Zug ansässige Konzern am Donnerstag mit. Worum es dabei geht, bleibt offen. Glencore werde mit dem SFO zusammenarbeiten, hiess es im knappen Communiqué lediglich.
Auch ein Sprecher von Glencore wollte gegenüber der Nachrichtenagentur AWP keine näheren Angaben machen. «Über die Mitteilung hinaus haben wir nichts zu sagen», lautete sein Kommentar. Das SFO wiederum bestätigte auf der eigenen Internetseite die Ermittlungen. Da es sich um ein laufendes Verfahren handelt, nennt aber auch die Behörde keine weiteren Anhaltspunkte. Aus der Mitteilung des SFO geht immerhin hervor, dass sich die Untersuchung auf den Konzern, seine Vertreter, die Mitarbeiter und auch mit Glencore verbundene Personen richtet.
Der Kongo soll im Fokus stehen
Bereits im Mai 2018, also vor rund anderthalb Jahren, wurde in Medienberichten darüber spekuliert, dass demnächst eine Untersuchung des SFO eingeleitet werden könnte. Damals berichtet die Nachrichtenagentur Bloomberg, dass sich die Ermittlungen insbesondere auf die Beziehungen des Rohstoffkonzerns mit dem israelischen Geschäftsmann Dan Gertler und dessen Kontakte zur politischen Führung der Demokratischen Republik Kongo beziehen. Glencore beliess dies auch damals unkommentiert.
Die Nichtregierungsorganisation Public Eye hält es für nicht ausgeschlossen, dass es bei den SFO-Ermittlungen um den Themenkomplex Demokratische Republik Kongo (DRK) geht. «Wir haben keinen Grund, etwas anderes anzunehmen», sagte Mediensprecher Oliver Classen gegenüber AWP.
Gegen Glencore ermitteln auch die US-Behörden. Im Sommer 2018 wurde die US-Tochter des Bergbaukonzerns vom Justizministerium der Vereinigten Staaten vorgeladen. Das United States Department of Justice (DOJ) verlangte die Vorlage von Dokumenten und anderen Unterlagen. Die US-Justiz wollte wissen, ob Anti-Korruptions- und Geldwäschegesetze eingehalten wurden.
Glencore liess damals immerhin verlauten, dass sich die angeforderten Dokumente auf Geschäfte der Gruppe in Nigeria, der Demokratischen Republik Kongo (DRK) und Venezuela von 2007 bis zum heutigen Datum bezögen.
Kontakte genutzt
In den USA wurde darüber hinaus im Frühjahr 2019 auch die Commodity Futures Trading Commission (CFTC) aktiv. Die Regulierungsbehörde für den Rohstoffsektor untersucht ebenfalls, ob Glencore Auflagen oder Regulierungen durch korrupte Praktiken verletzt hat. Es wird angenommen, dass es dabei um dieselben Themen geht, die bereits im Zentrum der Untersuchung des US-Justizministeriums stehen.
Das Geschäftsgebaren von Glencore, insbesondere in der DRK, wurde in den vergangenen Jahren immer wieder von Nicht-Regierungs-Organisationen und Medien kritisiert. Der Konzern hatte dort beim Abschluss der Bergbaulizenzen für die Kupfer- und Kobalt-Minen Mutanda und Katanga offenbar mit dem Israeli Gertler zusammengearbeitet und Berichten zufolge dessen enge Kontakte zur politischen Führung des Landes genutzt. Kredite von Glencore an Gertler waren mit der Veröffentlichung der «Paradise-Papers» in den Fokus geraten.
Die Aktien von Glencore rauschten am Donnerstag nach der Meldung über die Untersuchung der SFO um 7,5 Prozent in die Tiefe. Am Freitag um die Mittagszeit büssen sie an der Londoner Börse ein weiteres Prozent ein. (sda/pt)