Letztes Jahr verrichtete die italienische Firma Carmec im Haus des heutigen Bundesrats Ignazio Cassis (57) Umbauarbeiten. Dabei wurden die Monteure nicht korrekt entlöhnt, wie der SonntagsBlick berichtet. Demnach wurde zwei Arbeitern die Verpflegung nicht entschädigt und die Firma mit 115 Franken gebüsst.
Ein Bagatellfall mit Brisanz: Es betrifft ausgerechnet jenen Bundesrat, der wegen der Verhandlungen für ein neues Rahmenabkommen mit der EU den Lohnschutz in Frage stellt. Cassis betont, er habe bisher von der Verfehlung nichts gewusst. Die Busse zeige aber, dass die Kontrollen wirksam seien.
Rechsteiner: «Nachhilfe nötig!»
Nicht ganz so locker sieht SP-Ständerat und Gewerkschaftsboss Paul Rechsteiner (65, SG) den Vorfall: «Cassis hat in Sachen Lohnschutz Nachhilfe nötig!»
Doch noch viel mehr auf die Palme bringt Rechsteiner die aktuelle EU-Politik des Aussenministers. Schon diese Woche dürfte der Bundesrat eine Aussprache darüber führen, inwiefern man der EU bei den Flankierenden Massnahmen entgegenkommen soll, um das Rahmenabkommen zu retten.
«Cassis ist diskreditiert»
Zur Debatte steht die Acht-Tage-Regel. EU-Firmen, die in der Schweiz einen Auftrag ausführen wollen, müssen diesen mindestens acht Tage vorher den Schweizer Behörden melden. Und auch nachweisen, dass sie die hiesigen Lohn- und Arbeitsbedingungen erfüllen.
«Dass Cassis die Bedeutung der Acht-Tage-Regel nicht begreift und den Lohnschutz gegen die Position des Bundesrats und gegen die Gewerkschaften weiterhin in Frage stellt, diskreditiert ihn als Verhandlungsführer mit der EU», sagt Rechsteiner. «Cassis untergräbt damit die Basis der Bilateralen Verträge und fügt den Schweizer Lohnabhängigen grösstmöglichen Schaden zu.»
Sein Fazit: «Cassis sind die Verhandlungen mit der EU entgleist.»