Die Klimastreiks bewegen die Schweiz – doch jetzt will die Klimajugend das Land zum Stillstand bringen! BLICK weiss, dass die Jugendlichen, die immer wieder Tausende auf die Strasse kriegen, einen landesweiten Grossstreik planen. Dieses Mal sollen die Gewerkschaften mithelfen.
Die radikalen Klima-Aktivisten von Extinction Rebellion wollen ab Montag mit Protestaktionen in 60 Städten weltweit den Druck auf die Politik erhöhen. Die Regierungen würden nicht genug gegen den «Klima- und Umweltnotstand» unternehmen. Geplant sind über zwei Wochen Aktionen in Europa, Nordamerika und Australien. Extinction Rebellion hofft, allein in London 20'000 bis 30'000 Menschen für Blockaden rund um Parlament und Regierungsgebäude zu mobilisieren.
Die radikalen Klima-Aktivisten von Extinction Rebellion wollen ab Montag mit Protestaktionen in 60 Städten weltweit den Druck auf die Politik erhöhen. Die Regierungen würden nicht genug gegen den «Klima- und Umweltnotstand» unternehmen. Geplant sind über zwei Wochen Aktionen in Europa, Nordamerika und Australien. Extinction Rebellion hofft, allein in London 20'000 bis 30'000 Menschen für Blockaden rund um Parlament und Regierungsgebäude zu mobilisieren.
Der Fahrplan für den Grossstreik steht bereits. Heute treffen sich die Jungen in Zürich, Bern und Lausanne zu Planungssitzungen. Das Ziel: Am Freitag, 15. Mai 2020 soll die Schweiz stillstehen!
Der Klimastreik sei politisch ungebunden, die Jugendlichen würden unabhängig von Parteien agieren. Das betonen die Klimastreiker bei jeder Gelegenheit. Doch mit dem Grossstreiktag kommt die Kehrtwende. Die Jungen brauchen die Arbeitnehmervertreter.
«Es ist von höchster Wichtigkeit, die Gewerkschaften an Bord zu haben», heisst es in einem Vorbereitungspapier, in das BLICK Einsicht hatte. Nur mit Hilfe der Gewerkschaften können sie die Arbeitnehmer gewinnen.
Unentschlossene Gewerkschaften
Noch sind die grossen Gewerkschaften unsicher, wie sie sich verhalten sollen. Ideell stehen sie hinter den Zielen der Klimajugend, aber Streiks bergen ein grosses Risiko: Sie könnten auf Unverständnis bei Teilen der Bevölkerung stossen.
«Wir sind im Gespräch mit den Klimastreikenden», bestätigt Dore Heim (60), vom Gewerkschaftsbund. «Es braucht aber eine offizielle Anfrage.» Diese erwartet Heim in den nächsten Tagen. Dann mahlen die Gewerkschaftsmühlen langsam. «Vor Mitte November gibt es sicher keinen Entscheid.» Damit kommen sie den Klimastreikern in die Quere: Diese wollten am 15. Oktober, kurz vor den Wahlen, an die Öffentlichkeit treten.
«Wichtig, Druck aufrechtzuerhalten»
Heim steht einem «Aktionstag», wie sie es nennt, offen entgegen. «Es ist wichtig, den Druck aufrechtzuhalten.» Die Gewerkschaften könnten mit Know-how und bei der Mobilisierung helfen. Aber sie stecken in einem Dilemma: Schon im Sommer riefen sie offiziell den Frauenstreik aus. Doch bei Branchen mit einem Gesamtarbeitsvertrag (GAV) mussten sie klein beigeben: Kommt es dort zum Streik, droht die GAV-Kündigung.
«Natürlich stellt sich immer die Frage, inwiefern Angestellte für eine solche Aktion freimachen können», gibt Heim zu. Die Gewerkschaften und ihre Personalkommissionsvertreter suchen in solchen Fällen das Gespräch mit den Unternehmen, sagt sie.
Herbstferien abwarten
«Konkrete Zusagen der Gewerkschaften haben wir noch nicht.» Die Gewerkschafter müssten zuerst aus den Herbstferien zurückkehren und sich beraten, zeigt sich Mitorganisatorin Jelena Filipovic (27) verständnisvoll.
An der Medienkonferenz Mitte Oktober wollen die Jungen Partnerorganisatoren, wie «Parents for Future» oder die Organisatoren des Frauenstreiks, präsentieren. Der Frauenstreik vom letzten Juni ist ihr Vorbild. Die Gewerkschaften sollen folgen.
Angst um die politische Unabhängigkeit hat Filipovic nicht. «Gewerkschaften gehören zu keinem politischen Spektrum», sagt sie. Die Arbeitervertreter sind aber nicht die Einzigen, die angefragt wurden: Auch die Köpfe hinter der Konzernverantwortungs-Initiative sollen bei der Organisation helfen.
Obwohl jetzt auch Arbeiter streiken sollen: Noch vermeidet Filipovic das Wort Generalstreik tunlichst. Doch im Vorbereitungspapier heisst es: «Der Strike for Future dient als Zwischenschritt in Richtung Generalstreik.» Und die bisherigen Erfahrungen geben der Klimajugend recht. Nur dank ihrem Druck hat die Politik reagiert und beim CO2-Gesetz noch eingelenkt.
Die Umweltbewegung und die Gewerkschaften – sie agieren Hand in Hand. So riefen viele Arbeitnehmervertretungen schon zur Teilnahme an der Klimademo vom letzten Samstag auf. «Der Klimawandel beschleunigt sich rapide, und für die Gewerkschaften weltweit ist es eine existenzielle Frage, sich für griffige Massnahmen einzusetzen», hiess es etwa im Aufruf des Gewerkschaftsbunds (SGB). Besonders betroffen von den negativen Folgen des Klimawandels seien schliesslich die Schwachen, die Menschen mit niedrigen Einkommen.
Auch im Parlament ziehen die Grünen und die von der SP dominierten Gewerkschaften an einem Strick. Beide wollen mehr Umweltschutz. Ihre Positionen bezüglich Klima, Energieversorgung und Verkehr sind grösstenteils dieselben.
Gegen Road Pricing
Allerdings nicht überall. Die Gewerkschaften und die Klimabewegung priorisieren anders, wenn es darum geht, was Klimamassnahmen kosten dürfen – und wer diese bezahlt. Während für die Grünen das Klima oberste Priorität hat, sind es bei den Gewerkschaften die Arbeitnehmer. Letztere betonen denn auch bei jeder Gelegenheit, dass Klimamassnahmen sozialverträglich sein müssten. Im Klartext: Die ärmere Bevölkerungsschicht darf nicht zu stark zur Kasse gebeten werden – und wenn es unumgänglich ist, muss dies via Sozialversicherungen kompensiert werden.
Symptomatisch dafür: Sowohl Gewerkschaftsboss Pierre-Yves Maillard (51) als auch Unia-Gewerkschafter und SP-Nationalrat Corrado Pardini (54) sprechen sich gegen eine Gebühr für die Strassenbenutzung aus. «Road Pricing birgt die Gefahr, dass Personen mit geringerem Einkommen benachteiligt werden.»
Was also soll stärker geschont werden: das Klima oder das Portemonnaie der unteren Mittelschicht? Genau hier droht in Zukunft ein Bruch zwischen der Umweltbewegung und den Gewerkschaften. Nico Menzato
Die Umweltbewegung und die Gewerkschaften – sie agieren Hand in Hand. So riefen viele Arbeitnehmervertretungen schon zur Teilnahme an der Klimademo vom letzten Samstag auf. «Der Klimawandel beschleunigt sich rapide, und für die Gewerkschaften weltweit ist es eine existenzielle Frage, sich für griffige Massnahmen einzusetzen», hiess es etwa im Aufruf des Gewerkschaftsbunds (SGB). Besonders betroffen von den negativen Folgen des Klimawandels seien schliesslich die Schwachen, die Menschen mit niedrigen Einkommen.
Auch im Parlament ziehen die Grünen und die von der SP dominierten Gewerkschaften an einem Strick. Beide wollen mehr Umweltschutz. Ihre Positionen bezüglich Klima, Energieversorgung und Verkehr sind grösstenteils dieselben.
Gegen Road Pricing
Allerdings nicht überall. Die Gewerkschaften und die Klimabewegung priorisieren anders, wenn es darum geht, was Klimamassnahmen kosten dürfen – und wer diese bezahlt. Während für die Grünen das Klima oberste Priorität hat, sind es bei den Gewerkschaften die Arbeitnehmer. Letztere betonen denn auch bei jeder Gelegenheit, dass Klimamassnahmen sozialverträglich sein müssten. Im Klartext: Die ärmere Bevölkerungsschicht darf nicht zu stark zur Kasse gebeten werden – und wenn es unumgänglich ist, muss dies via Sozialversicherungen kompensiert werden.
Symptomatisch dafür: Sowohl Gewerkschaftsboss Pierre-Yves Maillard (51) als auch Unia-Gewerkschafter und SP-Nationalrat Corrado Pardini (54) sprechen sich gegen eine Gebühr für die Strassenbenutzung aus. «Road Pricing birgt die Gefahr, dass Personen mit geringerem Einkommen benachteiligt werden.»
Was also soll stärker geschont werden: das Klima oder das Portemonnaie der unteren Mittelschicht? Genau hier droht in Zukunft ein Bruch zwischen der Umweltbewegung und den Gewerkschaften. Nico Menzato