Maurerlehrlinge sollen auf der Baustelle nicht mehr als 19 Kilogramm heben dürfen. Sind sie jünger als 16 Jahre wären sogar nur 15 Kilos erlaubt. Malerstiften würde untersagt, mehr als zwei Stunden pro Tag Drehbewegungen zu machen. Und generell dürften Auszubildende nicht mehr den Müll entsorgen, wenn der Container eine Pressevorrichtung hat.
Das sind Beispiele aus der neuen Verordnung 822.115.2 des Departements für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBK) von Bundesrat Johann Schneider-Ammann (64, FDP). Diese sollte eigentlich bald in Kraft treten, um Jugendliche besser vor gefährlichen Arbeiten zu schützen. Mitte November schickte das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco), das zum WBK gehört, den Erlass in die Vernehmlassung. Ende Januar ging die Befragung zu Ende.
Arbeitgeber liefen Sturm
Doch jetzt machen die Beamten einen Rückzieher. In einem Schreiben vom 7. Februar von Seco-Chef Boris Zürcher (52) an die Adressaten der Konsultation heisst es, «der heutige Revisionsprozess werde sistiert». Das Schreiben liegt SonntagsBlick vor.
Als Begründung schreibt das Seco, die «Risikoevaluation für die Branchen und Berufe dank präziseren Beschreibungen der Gefahren zu erleichtern«, sei nicht «von allen gleich interpretiert worden».
Das ist stark untertrieben. Insbesondere die Arbeitgeber liefen gegen die neuen Auflagen Sturm. «Das Urteil des Gewerbeverbandes SGV und seiner Mitglieder war so vernichtend, dass wir direkt bei Bundesrat Johann Schneider-Ammann intervenierten», sagt Gewerbeverbands-Direktor Hans-Ulrich Bigler (58).
Die Revision sei ein aktuelles Paradebeispiel dafür, wie KMU und die Berufsbildung mit zusätzlichen, detaillierten Regulierungen immer mehr eingeschränkt würden, was ein vernünftiges Vermitteln von Berufskenntnissen an Lernende schrittweise verunmögliche.
Seco will weitermachen
Nur: Die Verwaltung gibt nicht auf. Das Seco betont, dass die Vorlage nur auf Eis gelegt sei. Man werde eine neue Vorlage ausarbeiten.
Der Gewerbeverband geht nun aber auf tutti. Er verlangt, dass das WBK ganz auf die Aktion verzichtet. «Die bestehenden Bestimmungen zu gefährlichen Arbeiten für Jugendliche, wie sie seit Januar 2008 gelten, sollen nicht nur sistiert, sondern komplett fallen gelassen werden», sagt Hans-Ulrich Bigler, der für die Zürcher FDP im Nationalrat sitzt.
Der SGV möchte das Rad am liebsten gar zurückdrehen. Viele Branchen hätten nämlich schon Mühe, die bestehenden Jugendarbeitsschutzmassnahmen umzusetzen. Seit 2014 fallen nämlich Jugendliche bis zum 16. Altersjahr statt wie bis anhin bis zum 15. unter die früher verfassten Schutzbestimmungen.
Die Unternehmen müssen heute unter anderem viel mehr Konzepte vorlegen und Schutzmassnahmen gegenüber den Behörden dokumentieren. «Viele haben Mühe, schon nur all diese Verschärfungen umzusetzen, ohne die Berufsbildung zu untergraben», meint Bigler.