Kollegialität sieht anders aus: In den letzten Wochen machte Finanzminister Ueli Maurer (70) eher mit ausserbundesrätlichen Aktivitäten von sich reden – etwa, wenn er bei einer SVP-Versammlung in Wald ZH den Corona-Skeptikern das Wort redete und seinen Kollegen in Bern Machtrausch vorwarf. Einen Machtrausch, gegen den man sich wehren müsse: «Man muss ein Gegengewicht bilden, damit diese Macht nicht zu gross wird.» Das klingt nicht nach jemandem, der sich noch wohlfühlt in seiner Rolle.
Insofern würde das neuste Gerücht passen, das derzeit in Bern die Runde macht. Maurer habe keine Lust mehr auf den Regierungsjob. Er wolle zurücktreten. Publik gemacht hat das Gerücht die «Aargauer Zeitung». Sie beruft sich unter anderem auf einen Nationalrat, der erkläre, «es gebe klare Anzeichen dafür, dass die Bundesratssitzung vom Freitagmorgen anders ablaufen werde als gewöhnlich».
Niemand weiss etwas – oder will etwas wissen
Blick-Recherchen ergeben: Das Gerücht von Maurers Rücktritt ist entstanden, weil er am Mittwoch nicht am Fraktionsausflug der SVP teilgenommen hat. Aus seinem Umfeld heisst es aber, der Finanzminister habe aktuell schlicht zu viel zu tun, um teilzunehmen.
Offiziell ist nichts zu erfahren, Maurers Sprecher Peter Minder gibt keinen Kommentar ab. Ebenso wie Parteispitze und Fraktionsmitglieder von nichts wissen – oder wissen wollen. Nur: Das ist Courant normal. Und wenn es etwas gibt, was im Bundesrat nicht nach aussen leckt, dann sind es Bundesratsrücktritte.
Freude am Verwirrspiel
Aber wäre ein Rücktritt Maurers plausibel? Einiges spricht dafür. Erstens wird er Anfang Dezember 71 Jahre alt. Zweitens vollendet er gerade sein zwölftes Jahr im Bundesrat. Möglich, dass er nun findet, er habe lange genug in der Regierung geweilt, nun reiche es. Drittens würde die zunehmende Kritik, die er an seinen Regierungskollegen äussert, für einen Rücktritt sprechen. Es ist denn auch nicht das erste Mal, dass über seine Demission spekuliert wird.
Andererseits: Maurer macht überhaupt keinen amtsmüden Eindruck. Stattdessen ist er voller Vitalität und Gestaltungswillen – wenn auch nicht immer im Sinne des Gesamtbundesrats. Doch insbesondere bei Steuerthemen stehen grosse internationale Herausforderungen vor der Tür – Herausforderungen, die Maurer eigentlich liegen. Zudem er hat immer angekündigt, zum Ende einer Legislatur gehen zu wollen. In diesem Fall würde das heissen, frühestens auf die Wahlen Ende 2023 hin.
Nur: Auch dieses Verwirrspiel gehört zu Maurers Spezialitäten. Noch einen Tag, bevor er im März 2008 als Präsident der SVP Schweiz zurücktrat, hatte er dies mit aller Vehemenz ausgeschlossen.