Die Schweiz ist nicht gerade als Vorreiterin der Frauenrechte bekannt. Umso mehr sorgte das Projekt «Helvetia ruft» für Aufsehen. Ziel der Kampagne war es, mehr Frauen ins Parlament zu bringen. Als im Herbst 2019 tatsächlich eine Rekordzahl von Politikerinnen in den Nationalrat gewählt wurde, nahm auch das Ausland Notiz. In Deutschland wollte man es nun genauer wissen.
Parteiübergreifender Ansatz
Deshalb luden der Deutsche Frauenbund sowie Familienministerin Franziska Giffey (41, SPD) die Organisatorinnen von «Helvetia ruft» nach Berlin ein. Kathrin Bertschy (40), Co-Präsidentin des Frauenverbands Alliance F und grünliberale Nationalrätin, gehörte zur Schweizer Delegation. «Unsere deutschen Gastgeberinnen wollten erfahren, warum unsere Kampagne so erfolgreich war», sagt sie. Und stellt fest: «Unser parteiübergreifender Ansatz war etwas, das man in Deutschland so nicht kennt.»
Tatsächlich unterstützten Frauen aus allen Parteien das Projekt: ein wichtiger Faktor seines Erfolgs.
Für Erstaunen sorgte in Berlin, dass die Bewegung aus der Zivilgesellschaft heraus entstanden ist. «In Deutschland wählt man den Weg über das Gesetz, wenn man eine Veränderung erreichen will», hat Bertschy festgestellt. Die Einladung erfolgte denn auch vor dem Hintergrund der Wahlrechtsreform, die derzeit in Deutschland diskutiert wird. Dabei geht es in erster Linie um eine Senkung der Zahl von Parlamentariern, aber eben auch um Fragen wie die Repräsentanz von Frauen.
Weitere Anfragen aus anderen Ländern
Noch ein weiterer Punkt war Bertschy wichtig, als sie ihr Projekt in Berlin vorstellte: dass eine solche Kampagne locker statt belehrend daherkommt. «Wir haben mit humorvollen Grafiken aufgezeigt, dass seit der Gründung des modernen Bundesstaats 1848 mehr Männer mit Namen Hans Gesetze geschrieben haben als alle Frauen zusammen.»
Die Reaktion der Gastgeberinnen sei sehr positiv gewesen, meint Bertschy, und Deutschland vielleicht erst der Anfang: «Wir haben auch aus anderen Ländern Anfragen, unsere Kampagne vorzustellen.» Möglicherweise wird «Helvetia ruft» nach Käse und Schokolade also bald zum nächsten Exportschlager der Schweiz.