In diesen Minuten wird die FDP informiert: Ihr Generalsekretär Samuel Lanz (36) verlässt die Partei. Wie BLICK weiss, sucht Lanz eine neue Herausforderung in der Privatwirtschaft. Er übernahm die freisinnige Schaltzentrale im August 2014 – nach sechs Jahren Dauerstress hat er jetzt genug.
Der grossgewachsene Kleinbasler ist der Öffentlichkeit kaum bekannt. Doch in Bern ist er nicht irgendwer. Der «freisinnige Strippenzieher», wie ihn die «Weltwoche» einmal nannte, gilt als einflussreichster Generalsekretär aller Parteien. Sogar der selbst als grosser Stratege unter den Parteichefs geltende SP-Boss Christian Levrat (49) lobt die Fähigkeiten des freisinnigen Generalsekretärs. Lanz wirkt auf den ersten Blick wie ein zu gross geratener Schulbub im Anzug. Doch sobald der Schnelldenker zu argumentieren beginnt, ist der Eindruck ein anderer.
Die FDP als PR-Maschine
Noch unter Ex-Chef Philipp Müller (67) machte Lanz die früher eher drögen Delegiertenversammlungen zu Events im amerikanischen Stil – mit von der Decke regnenden Luftballons, Rockmusik und Video-Einspielern. Später formte der General die Bundesratswahlen zur PR-Veranstaltung für die Partei um. Indem er die Kandidaten bei der Besetzung eines freisinnigen Sitzes auf eine «Roadshow» durchs Land schickte – wo sie sich auf Podien duellieren mussten und medial dauerpräsent waren – warben sie fast ununterbrochen für die FDP.
Vor allem aber half der Basler, das Bild der FDP als Banken-Partei umzukrempeln. Die FDP setzt bei ihrer Basis auch wieder auf Kleingewerbler und Angestellte, und sie verjüngte sich auch stark. Bestens harmonierte Lanz nicht nur mit dem eher hemdsärmeligen Ex-Chef Müller. Auch dessen Nachfolgerin Petra Gössi (44) ihr General im Rücken ergänzen sich bestens.
Sogar Bundesratswahlen liess er simulieren
Alles plante der Hauptmann in der Mechanisierten Brigade 4 generalstabsmässig. Nach dem überraschenden Rücktritt von FDP-Bundesrat Didier Burkhalter (60), der selbst die eigene Parteispitze überrumpelt hatte, ging Lanz gar so weit, einen fiktiven Rücktritt bis hin zur Wahl als «Stabsübung Gallier» zu proben. Einfach, damit die Partei beim nächsten Mal vorbereitet ist.
Ebenso besessen bereitete er die National- und Ständeratswahlen vom letzten Oktober vor – akribisch wurde jeder Kanton seziert, um möglichst viel Wähleranteil rauszuholen. Denn das von Chefin Gössi herausgegebene Ziel lautete «die SP überholen», wie sie im BLICK-Interview sagte.
Kritiker innerhalb der FDP machen das Tandem Gössi/Lanz dafür verantwortlich, dieses Ziel nicht erreicht zu haben. Der von General Lanz initiierte und von Gössi eingeschlagene ökologischere Weg hat den Freisinnigen in ihren Augen geschadet. Die Analyse des Klimawahljahrs 2019 deutet jedoch eher darauf hin, dass die FDP dank ihrer grünen Kurskorrektur relativ glimpflich davongekommen und nur leicht eingebrochen ist. Vor allem an die Grünliberalen hätten die Freisinnigen sonst wohl massiv Wähler verloren – das hatte Lanz rechtzeitig erkannt.
«Grosse Stütze»
Dennoch, das Ziel, die Genossen zu schlagen, hat der abtretende General verfehlt. Die SP kam bei den Wahlen auf 16,8 Prozent, die FDP auf 15,1. Trotzdem lässt Gössi Lanz nur «schweren Herzens» ziehen, wie sie zu BLICK sagt: «Mir als Präsidentin war Sämi Lanz eine grosse Stütze. Er hat für die FDP sehr viel erreicht. Ich danke ihm für seinen enormen Einsatz und wünsche ihm für seine Zukunft nur das Beste.»
Nun muss die FDP einen neuen General suchen. Die Stelle wird ausgeschrieben.