Die Umweltschutzorganisation Greenpeace enthüllte letzte Woche geheime Verhandlungsdokumente um das transatlantische Freihandelsabkommen (TTIP) zwischen den USA und EU. Diese zeigen: Die USA machen mächtig Druck auf europäische Umwelt- und Konsumentenschutz-Standards. Das hat auch die TTIP-Kritiker in der Schweiz aufgeschreckt. Diese planen nun ein gemeinsames Bündnis gegen TTIP – und nehmen dabei auch gleich noch das WTO-Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen (Tisa) ins Visier.
«Beide Freihandelsabkommen betreffen die Schweiz in schwerwiegender Weise», sagt Juso-Chef Fabian Molina. «Bei Tisa sitzt die Schweiz mit am Verhandlungstisch und bei TTIP steht ein Anschluss der Schweiz zur Diskussion. Beide Abkommen sollen noch diese Jahr zu Ende verhandelt sein – deshalb ist es höchste Zeit, dass wir hier Gegensteuer geben.»
An einer Koordinationssitzung Anfang Woche sassen SP, Juso, Grüne, Junge Grüne, VCS, Greenpeace, VPOD, Digitale Gesellschaft, Alliance Sud und auch der Bauernverband mit am Tisch. Noch ist aber offen, wer am Schluss definitiv im Bündnis mitmacht, welches im Juni offiziell an die Öffentlichkeit treten will.
Berührungspunkte mit Bauern
Der Bauernverband etwa will sich dem Bündnis zwar nicht direkt anschliessen, überlegt sich aber gemeinsame Auftritte. «Eine gemeinsame Medienkonferenz ist nicht ausgeschlossen, wobei wir aber unseren eigene Perspektive einbringen wollen», sagt Bauernchef und CVP-Nationalrat Markus Ritter. Der Bauernverband ist nämlich nicht grundsätzlich gegen Freihandelsabkommen, will aber gewisse Rahmenbedingungen eingehalten wissen.
Definitiv positionieren will sich der Bauernverband erst, wenn die konkreten Inhalte des Abkommens auf dem Tisch liegen. Für Ritter ist aber jetzt schon klar: «Ohne wesentliche Zugeständnisse der Amerikaner – gerade im Bereich der Lebensmittelsicherheit – sind wir für ein solches Freihandelsabkommen nicht zu haben.»
Dass er sich in dieser Frage mit dem links-grünen Lager bespricht, ist für den bürgerlichen Bauern kein Problem. «Im Bereich der ökologischen und sozialen Standards und der Nachhaltigkeit haben wir gemeinsame Berührungspunkte. Als Wirtschaftsverband beurteilen wir diese Fragen auf rein sachlicher Ebene.»
Offener Brief an Bundespräsident Schneider-Ammann
Molina wieder geht davon aus, dass noch weitere Organisationen zum Bündnis stossen werden. «Wir sind offen für weitere Organisationen – auch aus bürgerlichen Kreisen», sagt Molina. Der gemeinsame Nenner sei klar: «Ziel der Organisationen ist es eine Volksabstimmung zu beiden Abkommen zu erreichen, wie immer sie bei Abschluss oder Beitritt der Schweiz aussehen mögen.»
Mit dieser Forderung will das Bündnis auch eine Petition lancieren – in Form eines offenen Briefes an Bundespräsident und Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann. In dem BLICK vorliegenden Entwurf kritisiert das Bündnis einerseits die Geheimverhandlungen «unter Ausschluss der Bevölkerung und der nationalen Parlamente».
Beunruhigend sei zudem , dass die Abkommen intransparente Schiedsgerichte, weitgehende Klagemöglichkeiten oder weitreichende Sonderrechte für Grosskonzerne vorsehen würden. «Der Rechtsstaat, die staatliche Souveränität und die Demokratie würden damit übergangen. Der Schaden für unsere Arbeitsbedingungen, für unseren Service Public, unsere Umwelt, unsere Gesundheit und unseren Datenschutz wäre katastrophal.»
Zum Schluss fordert die Petition von Schneider-Ammann, «die Öffentlichkeit über den Inhalt der Verhandlungen zu Tisa und zu TTIP zu informieren und jegliche Abkommen und die Verhandlungsergebnisse in jedem Fall dem Referendum zu unterstellen».