Mit dem Wechsel von der Zustimmungs- zu einer Widerspruchslösung wollen die Befürworter erreichen, dass künftig mehr Spenderorgane zur Verfügung stehen. Für das Nein-Komitee ist dieser Wechsel allerdings der falsche Weg, um an dieses Ziel zu kommen.
Heute muss, wer nach dem Tod Organe oder Gewebe anderen überlassen will, dies ausdrücklich so festhalten oder nahe Angehörige informieren. Fehlt die zustimmende Äusserung und wissen Angehörige nicht, ob die verstorbene Person Organe spenden wollte oder nicht, und sagen deshalb Nein, dürfen keine Organe entnommen werden.
Neu soll es umgekehrt sein: Wer nicht spenden will, muss dies zu Lebzeiten ausdrücklich festhalten. Fehlt diese Erklärung, werden die Angehörigen befragt. Sie können, mit Bezug auf den mutmasslichen Willen des Verstorbenen, eine Entnahme von Spenderorganen ablehnen. Gegen diesen Parlamentsentscheid wurde ein Referendum ergriffen.
Im überparteilichen Nein-Komitee sind SVP, SP, Die Mitte, FDP, GLP, EVP und EDU vertreten. Es lehnt den Paradigmenwechsel aus medizinischen, ethischen und juristischen Gründen ab. Dazu macht es geltend, dass es keinen wissenschaftlichen Nachweis gebe, wonach mit Widerspruchslösung mehr Organe gespendet würden als heute.
Mehr Organspenden anzustreben, sei unbestritten, räumt das Komitee ein. Doch der eigene Körper gehöre zum Persönlichsten, was der Mensch besitze. Jeder medizinische Eingriff, und sei er noch so geringfügig, dürfe nur mit ausdrücklicher Zustimmung erfolgen. «Schweigen darf nicht als automatische Zustimmung missdeutet werden.»
Könnten die Angehörigen die Spende ablehnen, sei das für sie keine Entlastung, widerspricht das Komitee den Befürwortern. Für die Organentnahme sei der Hirntod massgeblich. Ein so plötzliches Ereignis versetze Angehörige in Schock und Trauer. Von ihnen da in kurzer Zeit einen Organspende-Entscheid zu verlangen, sei unethisch.
Belastend für Angehörige sei die neue Regelung auch deshalb, weil ihnen ein Nein zur Entnahme von Organen als unsolidarisches Verhalten angekreidet werden würde, macht das Komitee geltend.
In den Augen des Komitees ist es zudem «unrealistisch», die rund sechs Millionen Erwachsenen im Land wie neu vorgeschrieben zu informieren, dass sie einer Organentnahme nach dem Tod in einem Register widersprechen müssen. Die Folge wäre, dass Menschen, die nicht informiert seien, gegen ihren Willen Organe entnommen würden.
Ein gangbarer Weg wäre für das ablehnende Komitee ein Erklärungsmodell, wie es die Nationale Ethikkommission (NEK) vorgeschlagen hat. «Es bringt die Menschen dazu, sich mit der Organspende auseinanderzusetzen und sich dazu zu äussern», sagte Nationalrätin Verena Herzog (SVP/TG). Das Selbstbestimmungsrecht bleibe gewahrt.
Im Parlament fand dieses Modell jedoch keine Mehrheit. Mit ihm würden die Menschen regelmässig aufgefordert, sich Gedanken über eine Organspende zu machen und ihren Willen festzuhalten. Mit einem Ja am 15. Mai werde der Weg zu dieser besten Lösung auf Jahre verbaut, liess sich Mitte-Nationalrat Stefan Müller-Altermatt (SO) zitieren.
(SDA)