Das Ziel ist immer noch dasselbe. «Wir wollen immer noch die Armee abschaffen», stellt Lewin Lempert (23) klar. Der Sekretär der Gruppe Schweiz ohne Armee (GSoA) war am 26. November 1989 noch gar nicht auf der Welt. Heute vor 30 Jahren stimmten 35,6 Prozent für die Abschaffung der Armee. Ein politisches Erdbeben für die Schweiz.
Es gebe kaum eine politische Organisation, die an der Urne so oft verloren habe wie die GSoA, schrieb einst die linke «Wochenzeitung». Und doch: Auch hat kaum eine so viel verändert. Der Einfluss der Armee begann unaufhaltsam zu bröckeln.
Eigener Erfolg schadete GSoA
In den vergangenen 30 Jahren haben drei Reformen die Bestände von rund 700'000 Mann auf 100'000 zusammenschrumpfen lassen. Es gibt einen zivilen Ersatzdienst, der den Militärdienst faktisch freiwillig macht. Der Abstimmungskampf von 1989 habe der Armee eigentlich sogar genützt, sagte der damalige FDP-Präsident Franz Steinegger (76) im Schweizer Fernsehen: «Daraus ist der Mut entstanden, notwendige Reformen in Gang zu setzen.»
Doch mit dem Schrumpfen der Armee und der zunehmenden Terrorgefahr hatte es die GSoA zunehmend schwer. Die Lancierung einer zweiten Armeeabschaffungs-Initiative 1998 sorgte ebenso für eine Spaltung wie der Nato-Einsatz im Kosovo 1999. Zwei Jahre später stimmten dann gerade mal noch 22 Prozent für die Armeeabschaffung. 2013 waren mit 26 Prozent auch nicht viel mehr für die Aufhebung der Wehrpflicht.
Bei Grosserfolg nur im Hintergrund
Eine Wende kam erst 2014: 53,4 Prozent der Stimmberechtigten lehnten den Kauf schwedischer Gripen-Kampfjets ab. «Wir haben uns damals bewusst im Hintergrund gehalten, weil wir die Stimmenden nicht abschrecken wollten», sagt GSoA-Sekretär Lempert zu BLICK. Mittlerweile war die Gruppe vielen zu radikal.
So hat die GSoA nie mehr die Stärke von 1989 erreicht, als in der Schweiz eine eigentliche soziale Bewegung entstanden war. Heute zählt die basisdemokratische Organisation etwa 23'000 Mitglieder und Sympathisanten. Lange war es ruhig um die Gruppe geblieben.
Die Wiederauferstehung
Nun aber wagt sich die GSoA wieder aus dem Schützengraben. «2020 wird voraussichtlich eines der wichtigsten Jahre in der Vereinsgeschichte», sagt Lempert. So stimmt die Schweiz beispielsweise nochmals über neue Kampfjets ab. Die Rüstungspläne des Bundes will die GSoA mit allen Mitteln bekämpfen. «Natürlich muss die Schweiz luftpolizeiliche Aufgaben wahrnehmen können. Aber dafür braucht sie keine hochgerüsteten Kampfjets», findet Lempert. Konstruktiver sei der SP-Vorschlag für Billig-Jets.
Der Bundesrat will davon nichts wissen. Eine Parlamentsmehrheit wohl auch nicht. Mehr denn je brauche es deshalb eine referendumsfähige Organisation. Und die GSoA ist wieder im Aufwind. Letztes Jahr hat sie eine halbe Million an Spendengelder gesammelt – Rekord!
Nicht locker lassen
Es sind aber nicht nur die neuen Kampfjets, die die Armeegegner mobilisieren. Auch der erschwerte Wechsel in den Zivildienst und die Kriegsgeschäfte-Initiative von GSoA und Jungen Grünen dürften nächstes Jahr an die Urne kommen. Letztere verlangt, dass Nationalbank und Vorsorgeeinrichtungen nicht in Rüstungskonzerne investieren dürfen. Der Bundesrat lehnt die Initiative ohne Gegenvorschlag ab.
Die Armeegegner aber lassen nicht locker. «1989 hat die GSoA die heilige Kuh Armee nicht schlachten können. Aber sie hat ihr den Heiligenschein genommen», meinte der Mitinitiant und spätere Zuger Grünen-Nationalrat Jo Lang (65) nach der Abstimmung. Nun geht der Kampf weiter.