Die Schweiz hadert mit dem Rahmenabkommen. Was Chefunterhändler Roberto Balzaretti (54) aus Brüssel mit heimgebracht hat, ist für links und rechts ein Graus. Und auch die Mitteparteien können sich nicht für den Vertragsentwurf erwärmen.
Derzeit führt der Bundesrat Konsultationen bei Parteien, Kantonen und Verbänden durch – noch vor den Sommerferien will die Landesregierung entscheiden, wie es weitergeht: Sagt man Ja, Nein oder spielt man – angesichts von Brexit und Wahlen in der Schweiz und der EU – auf Zeit?
EU hat die Geduld verloren
Das will die EU offenbar verhindern. Der EU-Ministerrat hat heute nochmals über das Rahmenabkommen gesprochen und macht klar: Man erwartet ein Ja aus Bern. Der Rat «ruft den Bundesrat auf, den ausgehandelten Text des Abkommens über einen institutionellen Rahmen zu unterstützen und ihn der Bundesversammlung zur Annahme vorzulegen, sobald die Konsultation der Interessenträger im Frühjahr 2019 abgeschlossen ist», schreibt der Ministerrat in einer Mitteilung. Schliesslich hätten die Unterhändler «faire und ausgewogene Lösungen gefunden».
Und das ist nicht alles: Die Minister der EU-Staaten erwarten auch, dass die Schweiz die nächste Ostmilliarde bezahlt – ohne Wenn und Aber: «Der Rat erwartet die rasche und bedingungslose Annahme dieses Vorschlags durch die Schweizer Bundesversammlung.»
Bauern sind skeptisch
Dass diese Tonalität in Bern auf offene Ohren stossen wird, darf bezweifelt werden. Zumal Brüssel noch einen draufsetzt und auch gleich eine Modernisierung des Freihandelsabkommens von 1972 anmahnt. Damit sollen EU-Unternehmen einen besseren Zugang zum Schweizer Markt erhalten – insbesondere im Agrar- und Lebensmittelsektor und im Dienstleistungssektor.
Das dürfte den Widerstand hierzulande gegen Brüssel eher noch erhöhen – die Schweizer Bauern werden sich einem Abbau des Grenzschutzes entgegenstellen. Bauernpräsident Markus Ritter warnte kürzlich im «Schweizer Bauer», dass mit dem Rahmenabkommen ein Verlust der Eigenständigkeit der Landwirtschaft drohe.
Auch andere Branchen werden beim Freihandelsabkommen hellhörig: Denn eine Modernisierung könnte darauf hinauslaufen, dass auch diese Regeln in Streitfällen dann vom Europäischen Gerichtshof beurteilt werden. (sf)