Ganz flexibel und sehr beweglich
So will die Wirtschaft der SVP-Initiative umsetzen

Der Wirtschaftsdachverband economiesuisse und die Arbeitgeber verlangen für die Umsetzung der Zuwanderungsinitiative eine wirtschaftsfreundliche, EU-kompatible Lösung. Sie pochen auf eine Schutzklausel, mit der Kontingente nur bei starker Zuwanderung aktiviert werden.
Publiziert: 29.05.2015 um 14:02 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 17:45 Uhr

Würde die SVP-Initiative gemäss Vorschlag des Bundesrates umgesetzt, befürchte die Wirtschaft Nachteile, erklären Economiesuisse und der Schweizerische Arbeitgeberverband (SAV) unter Berufung auf eine Umfrage. Befragt wurden neun Branchenverbände und 153 Betriebe. 85 Prozent der Befragten rechneten mit weniger Investitionen.

Fast neun von zehn Befragten (88 Prozent) erwarteten zudem, dass mit dem Vorschlag des Bundesrates weniger Menschen in der Schweiz eine Arbeit finden werden. Economiesuisse pocht auf die bereits früher in die Diskussion eingebrachte Schutzklausel.

Dass ein solcher Ansatz in den Verhandlungen mit der EU Erfolg habe, sei zwar nicht garantiert, sagte Verbandspräsident Heinz Karrer am Freitag in Bern. «Er ist aber aussichtsreicher als eine strikte Umsetzung mit Kontingenten.»

Gemäss dem Vorschlag von Economiesuisse und SAV wurde in normalen Lagen die vollen Personenfreizügigkeit für Bürger von EU- und EFTA-Staaten gelten. Erst wenn die Zuwanderung stark wird und eine gesetzte Limite erreicht ist, können nur Menschen neu in die Schweiz ziehen, wenn gleichzeitig ebenso viele auswandern.

Die Wirtschaftsvertreter wollen auch das Potenzial der Arbeitskräfte im Inland besser nutzen. Würden gleichzeitig die Regeln zum Anspruch auf Sozialhilfe und zum Familiennachzug konsequent angewandt, müssten «im Idealfall» Kontingente gar nie aktiviert werden.

Doch: «Trotz aller Bemühungen werden wir nicht darum herum kommen, auf ausländische Arbeitskräfte zurückzugreifen», hielt Valentin Vogt, Präsident des Schweizerischen Arbeitgeberverbandes (SAV), an der Medienkonferenz fest.

Weitgehend zufrieden zeigt sich der Gewerbeverband mit dem Vorschlag des Bundesrates. Bei der Bedarfserhebung für Fachkräfte müssten die Sozialpartner aber direkt einbezogen werden, fordert der Verband. Das vom Bundesrat vorgeschlagene Anhörungsrecht reiche nicht aus.

In diesem Punkt einig gehen auch die Gewerkschaften. Sie zeigen sich besorgt darüber, die Sozialpartner von der Arbeitsmarktregulierung und -aufsicht auszuschliessen. Der angestrebte Systemwechsel des Bundesrates sei völlig unverständlich, schreibt der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB).

Um die guten Löhne und Arbeitsbedingungen nicht aufs Spiel zu setzen, müssten vielmehr der Arbeitnehmerschutz ausgeweitet und die flankierenden Massnahmen verschärft werden, fordert die Unia. Als wenig wirksames Schutzinstrument erwiesen sich dabei Kontingente, kritisiert der SGB. «Kontingente legen nur Höchstgrenzen fest. Die Anstellungsbedingungen sind nicht geregelt.»

SwissHoldings unterstützt die Absicht des Bundesrats, zuerst zu versuchen, mit der EU eine Anpassung des Freizügigkeitsabkommens auszuhandeln. Ohne Erfolg in nützlicher Frist will der Verband einen «Schutzklauselansatz», wie er schreibt. Auch dürfe der Transfer von Personal innerhalb eines Konzerns nicht erschwert werden.

Das Augenmerk der Tourismus- und der Gastro-Branche gilt den Kurzaufenthaltern und Grenzgängern. Sie fordern, auf Kontingente für diese Kategorien zu verzichten.

Andernfalls könnten die touristischen Infrastrukturen nicht aufrechterhalten werden, warnt der Schweizer Tourismus-Verband. Der Bauernverband verlangt ebenfalls den Verzicht auf Kontingente für Kurzaufenthalter. Diese Arbeitskräfte seien keine Einwanderer.

Auch Economiesuisse und SAV wollen, dass es für Bürger von EU- und EFTA-Staaten, die bis zu zwölf Monate in die Schweiz kommen, sowie für Grenzgänger keine Kontingente gibt. Bewilligungen für Grenzgänger sollen die Kantone erteilen.

Die «Alliance Santé MEI», der Organisationen aus dem Sozial- und Gesundheitsbereich angehören - darunter die Ärzteverbindung FMH, der Spitalverband H+und der Berufsverband der Pflegefachfrauen und -männer -, fordert ebenfalls eine flexiblere Umsetzung als vom Bundesrat vorschlagen, mit einer Schutz- oder Ventilklausel.

Werde die SVP-Initiative zu eng ausgelegt, seien Einschränkungen bei den Leistungen der Gesundheitsversorgung zu befürchten, schreibt die Allianz. Die FMH gibt zu bedenken, dass selbst eine bessere Ausschöpfung des inländischen Potenzials den Bedarf von Fachkräften für das Gesundheitswesen nicht decken könne. (SDA)

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