Statt eines Obligatoriums soll die Aussicht auf einen freien Arbeitstag die Frauen freiwillig an die Rekruten-Orientierungstage und damit in die Armee bringen. «Ich will weniger Hürden», sagt SVP-Nationalrätin Yvette Estermann (52, LU). Wenn sie mit Frauen spreche, erzählten ihr diese immer, dass sie sich nicht trauten, beim Arbeitgeber um einen freien Tag zu bitten – oder diesen dann nicht wie die männlichen Kollegen erhielten.
Arbeitgeber sollen Männern und Frauen freigeben
Gestern reichte die SVP-Politikerin einen Vorstoss im Nationalrat ein. Estermann will ins Militärgesetz folgenden neuen Artikel schreiben: «Den nicht stellungsdienstpflichtigen Schweizerinnen wird nachdrücklich empfohlen, an der Orientierungsveranstaltung teilzunehmen; der Bundesrat regelt die Modalitäten durch eine Verordnung.»
Wie sich Estermann diese «Modalitäten» vorstellt, schreibt sie ebenfalls in ihrer Motion. Das Obligationenrecht (OR) soll neu festhalten, dass die Arbeitgeber den Schweizerinnen für den Orientierungstag einen freien Tag gewähren müssen. «Ich sehe nicht ein, weshalb die Frauen den Männern hier nicht endlich gleichgestellt werden.»
Frauen sollen Angebote der Armee kennenlernen
Die Schweizerische Offiziersgesellschaft möchte ebenfalls eine verstärkte Frauenförderung in der Armee. Deshalb wollte sie schon 2018 die Rekruten-Orientierungstage für Frauen für obligatorisch erklären. Weil dafür aber eine Verfassungsänderung nötig gewesen wäre, scheiterte das Anliegen am Widerstand der kantonalen Militärdirektoren und später am Nationalrat. Dies, obschon alle den Frauenanteil von 0,7 Prozent in der Armee beschämend tief finden.
Estermann vertrat das Obligatorium damals im Parlament. «Ich bin nach wie vor der Meinung, dass möglichst viele Frauen diesen Orientierungstag besuchen sollten, damit sie die Angebote der Armee kennenlernen.» Sie wüssten sonst nicht, was ihnen entgehe: denn von den Ausbildungsgängen und den vermittelten Führungskompetenzen könnten auch Frauen später auf dem Arbeitsmarkt profitieren.
Gleichstellungsargument könnten Linke überzeugen
Mit diesem Argument und der Gleichstellungsforderung kann die Luzerner Konservative auch auf Unterstützung aus linken Fraktionen hoffen. So zeigt sich zum Beispiel SP-Sicherheitspolitikerin Priska Seiler Graf (50, ZH) grundsätzlich offen: «Wenn man Gleichstellung in der Gesellschaft fordert, muss man dieses Anliegen unterstützen.» Mehr Frauen würden der Armee guttun.