Ausländerinnen und Ausländer mit der Niederlassungsbewilligung sollen in Basel-Stadt abstimmen und wählen können. Der Basler Grosse Rat hat am Donnerstag nach einer langen und emotionalen Debatte einer entsprechenden Verfassungsänderung mit 53 zu 41 Stimmen zugestimmt.
Rund 38 Prozent der in Basel-Stadt lebenden Menschen über 18 Jahren und ohne Schweizer Bürgerrecht dürften hier nicht mitbestimmen, sagte die Präsidentin der vorberatenden Justiz- und Sportkommission, Barbara Heer (SP). Dadurch werde eine beträchtliche Minderheit von politischen Entscheidungen ausgeschlossen.
Konkret sollen Ausländerinnen und Ausländer künftig die Möglichkeit erhalten, an den lokalen Abstimmungen und Wahlen teilzunehmen. Bedingung dafür ist, dass sie seit mindestens fünf Jahren in Basel-Stadt wohnen und über eine Niederlassungsbewilligung verfügen. Das passive Wahlrecht, also die Möglichkeit, sich wählen zu lassen, ist ausgeschlossen.
Riehen und Bettingen können selbst entscheiden, ob sie ein adäquates Stimm- und Wahlrecht einführen wollen. Die beiden Gemeinden wollen aber davon nichts wissen.
SP-Motion gab den Anstoss
Die Vorlage ist ein Kompromiss der zuständigen Kommission auf der Grundlage einer SP-Motion. Eine Kommissionsminderheit stellte sich wie die bürgerlichen Fraktionssprecherinnen und -sprecher auf den Standpunkt, dass es in diesem Geschäft keine Kompromisse geben könne. Wer abstimmen möchte, solle sich einbürgern lassen, sagte FDP-Grossrat David Jenny als Sprecher der Kommissionsminderheit.
Regierungspräsident Conradin Cramer (LDP) wies auf zwei Schönheitsfehler des Kompromisses hin. Die Entflechtung des aktiven und passiven Wahlrechts sei in der schweizerischen Rechtstradition ungewöhnlich, sagte er. Und auch der Umstand, dass die Landgemeinden Riehen und Bettingen gesondert behandelt würden, sei unschön. Trotzdem stelle sich der Regierungsrat nicht gegen den Vorschlag.
Grünliberale gaben Ausschlag
Die Debatte offenbarte einen an der Grenze von Links-Grün und den bürgerlichen Fraktionen gespalteten Rat. Den Ausschlag zur Zustimmung gaben die Ratsmitglieder der Grünliberalen, die für den Kommissions-Kompromiss stimmten.
Es sei an der Zeit, diesen Schritt zu vollziehen, sagte GAB-Sprecherin Fleur Weibel. Sie wies darauf hin, dass die Westschweizer Kantone Neuenburg und Jura dieses Stimm- und Wahlrecht bereits kennen würden. Basel-Stadt könne wie einst bei der Einführung des Frauenstimmrechts eine Vorreiterrolle in der Deutschschweiz einnehmen, sagte sie. SP-Sprecher Mahir Kabakci sprach gar von der Chance, mit der Aufhebung dieses Demokratiedefizits Geschichte schreiben zu können.
Bürgerliche üben Kritik
SVP-Sprecher Felix Wehrli warf der Ratslinken und der Regierung vor, am Volk, das bereits mehrmals Nein zu einer entsprechenden Vorlage gesagt habe, vorbeizupolitisieren. FDP-Sprecher Luca Urgese vertrat den Standpunkt, dass das Stimm- und Wahlrecht der Schlusspunkt eines Integrationsprozesses sein müsse, dem die Einbürgerung vorangehen sollte. Man sollte sich lieber darauf konzentrieren, die Einbürgerung zu erleichtern und damit zu fördern.
Das letzte Wort wird die Stimmbevölkerung haben, da die Verfassungsänderung dem obligatorischen Referendum untersteht.