Die Schweiz soll bei der Überwachung der Schengen-Aussengrenzen ihren Teil der Verantwortung tragen und die Zusammenarbeit mit den europäischen Ländern nicht aufs Spiel setzen. Damit begründet ein überparteiliches Komitee sein Ja zum Frontex-Ausbau am 15. Mai.
Das Ja-Komitee lancierte am Dienstag in Bern seine Kampagne für den Ausbau der EU-Grenzschutzagentur Frontex. Zum Komitee gehören FDP, Mitte, GLP, der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse und der Schweizer Tourismus-Verband. Auch Mitglieder von SVP, Operation Libero und der Europäischen Bewegung Schweiz arbeiten im Komitee mit.
Bilaterales Verhältnis leide noch mehr bei Nein
Seit dem Abbruch der Verhandlungen über ein Rahmenabkommen mit der EU vor fast einem Jahr stecke die Schweizer Europapolitik in der Sackgasse, schreibt das Komitee. «Darunter leidet das bilaterale Verhältnis zwischen der Schweiz und der EU.» Ein Schweizer Nein zum Frontex-Ausbau würde die Lage noch verschlimmern.
Jetzt, da die europäischen Länder wegen des Kriegs in der Ukraine wieder enger zusammenrückten, wäre ein «Abseitsstehen» erst recht das falsche Signal, findet das Komitee. Mit dem Schengen-Vertrag sei ein gemeinsamer Sicherheitsraum geschaffen worden, in dem Polizeikräfte über die Landesgrenzen hinweg eng zusammenarbeiteten.
Die Befürworterinnen und Befürworter des Frontex-Ausbaus argumentieren auch mit der Sicherheit im Inland: Mit einem Nein verliere die Schweiz den Zugang zum Schengener Informationssystem (SIS II) und zum Visa Informationssystem (VIS). Ohne diese Fahndungsdatenbanken würden die Sicherheitsbehörden blind.
Mitbestimmung statt Abseitsstehen
Die Gegner der Vorlage machen geltend, dass mit dem zusätzlichen Geld für Frontex die europäischen Aussengrenzen noch mehr abgeschottet und europaweit Sonderflüge für Zwangsausschaffungen beschleunigt würden. Frontex spiele eine zentrale Rolle bei der «Entwürdigung von Flüchtlingen durch Abschiebungen».
Als Schengen-Mitglied könne die Schweiz bei Frontex mitbestimmen und darauf hinwirken, dass sich die europäische Grenzschutzagentur in ihrer Arbeit verbessere, halten die Befürworter dagegen. Ebenso könne die Schweiz dafür sorgen, dass an den Schengen-Aussengrenzen die Grundrechte respektiert würden.
Schweiz als Visums-Insel
Auch die Reisefreiheit ist ein Ja-Argument. Ohne die Schengen-Zusammenarbeit, die nach einem Nein auf dem Spiel stünde, würde die Schweiz zur Visums-Insel. Touristen aus Ländern ausserhalb Europas bräuchten neu ein separates Visum für die Einreise in die Schweiz. Zudem müsste die Schweiz ihre Grenzen wieder kontrollieren.
Die EU rüstet seit 2016 die Grenz- und Küstenwache Frontex mit mehr Personal und technischer Ausrüstung auf, damit die Agentur ihre Aufgaben im Grenz- und Rückkehrbereich besser wahrnehmen kann.
An diesem Ausbau muss sich auch die Schweiz beteiligen, weil es sich um eine Schengen-Weiterentwicklung handelt. Der finanzielle Beitrag der Schweiz steigt dabei von ursprünglich 14 Millionen Franken pro Jahr auf rund 61 Millionen Franken pro Jahr bis 2027. Zudem soll die Schweiz Frontex auch mehr Personal zur Verfügung stellen. (SDA)