Frontalangriff auf eigene Partei wegen Masseneinwanderung
Filippo gegen Philipp

Heute entscheidet der Ständerat über die Umsetzung der Zuwanderungs-Initiative. Der Zürcher Stadtrat Filippo Leutenegger appelliert an seine Parteikollegen.
Publiziert: 01.12.2016 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2018 um 17:51 Uhr
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«Bürokratie-Monster» sagt Leutenegger zur Inländervorrang-Variante seines Ex-Parteichefs Müller.
Foto: Daniela Friedli
Christof Vuille
Filippo Leutenegger (r., hier mit den FDP-Bundesräten und Philipp Müller) sagt, Müllers Lösung widerspreche dem liberalen Gedankengut der FDP «fundamental».
Foto: KEYSTONE/PETER KLAUNZER

Drei Stunden debattierte der Ständerat gestern über die Umsetzung der Zuwanderungs-Initiative. Den Entscheid vertagte er. Klar wurde aber: Das Konzept von Ex-FDP-Präsident Philipp Müller hat viele Anhänger. Seine Fraktionskollegen und die Linken dürften heute dafür stimmen, dass Arbeitgeber offene Stellen dem Arbeitsamt melden müssen, falls es um eine Branche mit hoher Arbeitslosigkeit geht.

Dann müssten inländische Bewerber zwingend zum Vorstellungsgespräch geladen werden. Falls sie keinen geeigneten Kandidaten findet, soll die Firma dies begründen müssen. Dieser Eingriff in den Arbeitsmarkt ist in der FDP höchst umstritten. Allzu laute Kritik an Drahtzieher Müller war dennoch kaum zu vernehmen.

Leutenegger: «Toll für die Gewerkschaften»

Nun aber geht der Zürcher Stadtrat und FDP-Kollege Filippo Leutenegger in die Offensive. Der frühere Chefredaktor des Schweizer Fernsehens und Weltwoche-Verlagschef sagt zu BLICK: «Was der Ständerat zu beschliessen droht, betrübt und irritiert mich.»

Für ihn ist klar: «Obsiegt das Konzept von Philipp Müller, ­sabotieren wir eine der grossen Schweizer Stärken.» Er meint den liberalen Arbeitsmarkt: ­«einen der Gründe für den im internationalen Vergleich hohen Beschäftigungsgrad». Müllers Konzept möge «für die Gewerkschaften eine tolle Lösung sein, aber sicher nicht für eine liberale Partei wie die FDP». Denn es handle sich nicht um ein «süsses, kleines Mönsterchen», wie FDP-Ständerat Andrea Caroni erklärt hatte.

Im Gegenteil: Die Müller-Idee sei «ein grosses Bürokratiemonster». Die Interview- und Begründungspflicht widersprächen «dem liberalen Gedankengut der FDP fundamental».

Ex-FDP-Chef Philipp Müller will sich nicht zu den Vorwürfen seines Parteikollegen äussern.
Foto: KEY

Philipp Müller wollte sich nicht zu den Vorwürfen seines Parteikollegen äussern. Sicher ist: Es geht heute Schlag auf Schlag. Nach dem Entscheid des Ständerats will die FDP eine ausserordentliche Fraktionssitzung abhalten und das weitere Vorgehen festlegen. Bereits am Nachmittag beschäftigt sich wieder der Nationalrat mit der Vorlage. Die Staatspolitische Kommission diskutiert über die Vorschläge des Ständerats. Die entscheidende Rolle fällt den Freisinnigen zu.

Wird sie dann ihrem Ex-Chef folgen? Leutenegger weibelt für ein Nein – allerdings ist er nicht für den SVP-Kurs. Sein Favorit ist der schlankere Umsetzungs-Vorschlag von Nationalrat Kurt Fluri. Er sehe das Dilemma, aber dieser Weg sei «das kleinere Übel».

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