Wie alle Parteien klagt auch die FDP gern über leere Kassen. Nun plötzlich schwimmt sie im Geld. Seit letztem Herbst schalten die Freisinnigen einmal monatlich ganzseitige Inserate in den leserstärksten Sonntagszeitungen, auch im SonntagsBlick.
Hinter dem FDP-Kampagnen-Feuerwerk steht ein Deal, der tief in die geheimnisumwitterte Parteienfinanzierung der Schweiz blicken lässt.
Im vergangenen Herbst besuchte FDP-Präsident Philipp Müller (62) den Verleger Peter Wanner (70), Besitzer der AZ Medien AG («Aargauer Zeitung», «Schweiz am Sonntag»). Im Gepäck hatte Nationalrat Müller zwei Millionen Franken. Er beauftragte Wanner persönlich, vor den nationalen Wahlen jeweils einmal im Monat in den Sonntagszeitungen mit ganzseitigen Inseraten zu einem aktuellen Thema Präsenz zu markieren.
Ein unüblicher Vorgang. Normalerweise buchen Unternehmen oder Parteien ihre Inserate über die grossen Vermarktungsagenturen. Und Wanner beauftragte seine eigene Media-Factory.
Klar ist: Müller hat guten Grund, dem Aargauer Medienmonopolisten zu schmeicheln und sich mit ihm möglichst gutzustellen. Im Oktober strebt er einen Ständeratssitz an und ist dabei auf den Goodwill der AZ-Produkte angewiesen.
In der Vergangenheit genoss Müller wenig Rückhalt. Zum Ärger des FDP-Chefs empfahl der Chefredaktor der «Aargauer Zeitung», Christian Dorer (39), im Dezember 2013, Müller nicht als Ständeratskandidaten aufzustellen. Er sei «oft laut, aber selten nachhaltig». Dafür solle die FDP auf den aufstrebenden FDP-Jungstar Thierry Burkart (39) setzen.
Zwei Millionen Franken für eine Inseratekampagne – das bedeutet auch, dass das Wahlkampfbudget deutlich höher sein muss als vor vier Jahren. Damals sagte Wahlkampfleiter Vincenzo Pedrazzini (54), dass die Partei rund drei Millionen ausgeben könne.
Auf Anfrage erklärt Müller: «Über finanzielle Angelegenheiten reden wir nicht in der Öffentlichkeit.» Verleger Wanner beantwortete eine Anfrage nicht.
Die FDP kann offenbar wieder mit grösserer Kelle anrichten. Das ist auch ein Thema unter Freisinnigen im Bundeshaus. Einige sind sich sicher, dass der im Oktober 2013 verstorbene alt Bundesrat Rudolf Friedrich (†90) der Mitte-rechts-Partei Geld hinterlassen hat. «Ich wäre enttäuscht, wenn er das nicht getan hätte», sagt ein FDP-Nationalrat.
Grillplausch im Sommer
Der unverheiratete, vermögende ehemalige Justizminister lebte in einer Villa im Stadtzentrum von Winterthur ZH. Schon zu Lebzeiten unterstützte er immer wieder Kampagnen der FDP. 2008 schaltete er sogar selber Inserate. Unter dem Motto «Wehret den Anfängen» rief er darin zum Widerstand gegen die SVP auf. Wie spendabel Friedrich war, zeigt die Tatsache, dass er auch dem kleinen Winterthurer Tierheim 100000 Franken vermachte.
Philipp Müller, der seine politische Karriere mit der radikalen, wenig liberalen 18-Prozent-Initiative lancierte, stiess bei Friedrich anfangs wohl auf Skepsis. Dieser wollte den neuen starken Mann seiner Partei kennenlernen und lud Müller deshalb nach dessen Wahl zum Parteipräsidenten im Sommer 2013 zu sich nach Winterthur ein.
Trotz seiner fast 90 Jahre stellte sich Friedrich persönlich an den Grill, um ein feines Abendessen zuzubereiten.
Dabei versuchte der ehemalige Aktivdienstler den neuen FDP-Chef vom Gripen-Kauf zu überzeugen. Ob die beiden Männer in Friedrichs Garten auch über die Finanzen des Freisinns diskutierten, ist nicht bekannt.