In der Nacht auf Freitag hat jemand in zahlreichen St. Galler Gemeinden Wahlplakate der Ständeratskandidatin Susanne Vincenz-Stauffacher (52, FDP) mit sexistischen Ausdrücken beschmiert. «Hure» und «Nutte» stand auf den Plakaten.
Schon vor dem ersten Wahlgang im März waren an den selben Standorten in Gossau, Andwil, Waldkirch, Steinach und Goldach sexistische Hassausdrücke mit dem selben Schriftbild verbreitet. Damals verzichtete die FDP Kanton St. Gallen auf eine Strafanzeige, weil es anfangs «nach einem geschmacklosen Einzelfall» ausgesehen habe.
Doch jetzt ist für die Kantonalpartei das Mass voll. Die Aktion sei offenbar systematisch geplant worden, schreibt die FDP in einer Medienmitteilung. «Das Schriftbild lässt darauf schliessen.» Die FDP St. Gallen wirft daher einer unbekannten Täterschaft per Anzeige qualifizierte Verleumdung, üble Nachrede, Beschimpfung und Sachbeschädigung vor.
Plakate bleiben wohl
Zudem rufen die Partei und die Kandidatin dazu auf, «die Werte unserer Demokratie hochzuhalten und auch bei unterschiedlichen Positionen das direkte Gespräch zu suchen».
Diese Reaktion passt zur FDP-Kantonsrätin Vincenz: Sie ist Anwältin, Mutter von zwei Töchtern und engagiert sich als Präsidentin der Frauenzentrale oder für die Opferhilfe.
Ob die FDP die Plakate ausgetauscht, ist noch nicht klar. Zuerst müssten diese nachgedruckt werden, was entsprechende finanzielle Mittel benötigen würde. Zudem wären für die erneute Plakatierung wieder Freiwillige in den Ortsparteien nötig. «Die Aktion der Schmierer richtet sich also auch gegen sehr wertvolle Milizarbeit», stört sich die Partei.
Vincenz möchte Keller-Sutter-Sitz verteidigen
Susanne Vincenz-Stauffacher soll für die FDP den Ständeratssitz halten, den Karin Keller-Sutter (55, FDP) vor ihrer Wahl in den Bundesrat im letzten Dezember inne hatte. Im ersten Wahlgang schaffte es die Abtwilerin mit 25'071 Stimmen auf den zweiten Platz.
Die besten Chancen werden CVP-Regierungsrat Benedikt Würth (51) zugesprochen, der im ersten Wahlgang 48'511 Stimmen holte. Ebenfalls im Rennen ist noch Mike Egger (26, SVP). Der Neo-Nationalrat kam im März auf 18'947 Stimmen.
Egger springt Vincenz-Stauffacher zur Seite
«Das gehört sich nicht», springt Egger seiner Konkurrentin Susanne Vincenz-Stauffacher zur Seite. «Wir alle steigen mit unseren Überzeugungen in den Wahlkampf», so der SVPler. Wenn jemandem politische Ansichten nicht gefallen würden, könne er das ja in Leserbriefen kundtun. Und man könne sich an Wahlveranstaltungen mit den Inhalten auseinandersetzen. «Jedem steht es frei, uns nicht zu wählen», sagt er. Und wer der Ansicht sei, er wäre der bessere Ständrat «als einer von uns Kandidaten, hätte ja selbst kandidieren können».
Aber: «Wer Wahlplakate mit Ausdrücken von unter der Gürtellinie beschmiert, besudelt auch unser politisches System. Ich jedenfalls freue mich, mich in der demokratischen Wahl mit Susanne Vincenz-Stauffacher messen zu dürfen», betont der Nationalrat.