Der Fall sorgte im letzten April schweizweit für Aufsehen: Ein 48-jähriger Franzose veröffentlichte Porno-Videos seiner Ex-Freundin, um sich nach der Trennung an ihr zu rächen. Das Opfer klagte auf Ehrverletzung. Das Bezirksgericht Lenzburg sprach den Täter frei.
Racheporno ist eine neuere Form der sexuellen Gewalt im Internet. Pikant: Obwohl der Schaden für Opfer immens sein kann, steht Racheporno in der Schweiz und vielen westlichen Ländern nicht unter Strafe. Dies, weil die Sex-Aufnahmen jeweils einvernehmlich hergestellt wurden und Pornografie als solche nicht als ehrverletzend gilt. Genau mit diesen Argumenten begründete das Lenzburger Gericht im April seinen Freispruch.
Ein Jahr Gefängnis und eine happige Busse
Frankreich hat diese Gesetzeslücke letzte Woche geschlossen. Wer künftig ohne Zustimmung der Beteiligten private Aufnahmen mit sexuellem Inhalt verbreitet, wird mit bis zu einem Jahr Gefängnis und 45 000 Euro Busse bestraft.
Jetzt drängen auch Politiker in der Schweiz auf ein Racheporno-Gesetz. Etwa SP-Nationalrätin Yvonne Feri (AG). Sie hat den Bundesrat schon nach dem Lenzburger Urteil aufgefordert, zu analysieren, wie Persönlichkeitsrechte im Internet besser geschützt werden können. Doch die Landesregierung lehnt es ab, einen entsprechenden Bericht auszuarbeiten.
Nun will Feri nachdoppeln. Der Bundesrat soll prüfen, ob die Lösung Frankreichs für die Schweiz geeignet sein könnte. Der Handlungsbedarf ist für die Aargauer Politikerin unbestritten: «Rachepornos stellen eine massive Verletzung der Privatsphäre dar. Die Folgen für das Opfer sind gravierend. Sind solche Dokumente einmal im Netz, lassen sie sich kaum mehr löschen.»
Auch FDP-Ständerat Andrea Caroni (AR) begrüsst tendenziell eine strafrechtliche Erfassung von Rache-Pornos. «Ich bleibe am Thema dran», sagt der Jurist.
Racheporno gleich behandeln wie Kinderporno?
Unterstützung erhalten die Politiker auch aus der Justiz. Thomas Hansjakob, Erster Staatsanwalt des Kantons St. Gallen: «Ich bin sonst nicht dafür, dass für jeden «Hafechäs» ein neuer Straftatbestand geschaffen wird. Aber bei Rachepornos finde ich es notwendig. Diese Lücke muss geschlossen werden.»
SP-Nationalrat Jean-Christophe Schwaab (VD) will sogar noch einen Schritt weiter gehen. Analog zur Kinderpornographie sollen nicht nur die Täter bestraft werden, sondern auch die Betreiber der Porno-Plattformen. «Die Betreiber machen ein Geschäft mit diesen Bildern und Videos, deshalb sind sie mitverantwortlich für den entstandenen Schaden», sagt Schwaab.
Ob Racheporno in der Schweiz bald strafrechtlich verfolgt wird, bleibt vorerst offen. Opfer können Täter heute lediglich zivilrechtlich verklagen.