Es ist selbstverständlich, dass Menschen, die in Seenot sind, gerettet werden müssen. Erwägungen, ob es sich dabei um legale oder illegale Migranten handelt, sind unzulässig – unmenschlich! Schiffsbesatzungen, beispielsweise aus Deutschland oder Norwegen, die auf dem Mittelmeer nach Schlauchbooten Ausschau halten, sind in legitimer Mission unterwegs.
In menschenrettender Mission!
Sind Menschen aus der Seenot aber erst einmal an Bord eines Rettungsschiffes gebracht, dürfen sie natürlich gefragt werden, wer sie sind, woher sie kommen, wohin sie wollen und wer sie dazu veranlasst hat, sich in untauglichen Booten dem lebensbedrohenden Mittelmeer auszusetzen. In der Regel sind es Schlepper, die mit den Auswanderern aus Nordafrika und anderen Staaten des Krisen-Kontinentes ein Millionengeschäft betreiben.
Ja, eine Überfahrt, die den Tod durch Ertrinken bedeuten kann, wenn kein Rettungsschiff auftaucht, kostet Tausende Euros. Die Passagiere bezahlen, weil ihnen, verglichen mit der Heimat, am Nordufer des Mittelmeers das soziale Paradies winkt – je nördlicher, desto paradiesischer, am liebsten in Deutschland, sehr gern auch in Frankreich oder den Nationen Skandinaviens.
Um das Schleppergeschäft, das die Rettung der auf hoher See Ausgesetzten zynisch einkalkuliert, findet gerade eine heftige Debatte statt. Italien will die Rettungsschiffe nicht mehr anlanden lassen und erklärt: Das Boot ist voll.
Wer steht sich da gegenüber? Hier die Rettungshelden der Schiffe, die Kapitäne und Kapitäninnen mit ihren wagemutigen Mannschaften, dort das unwillige, das menschenverachtende Italien, das Migranten in Lebensgefahr das rettende Ufer verweigert.
Gut gegen Böse.
Doch irgendetwas fehlt in dieser moralisch aufgeladenen Konstellation – irgendjemand: die Migranten selbst. Von ihnen ist kaum die Rede. Sie sind einfach menschliche Fracht, die es zu retten oder abzuweisen gilt.
Was aber wäre unter Einbezug dieser Objekte humanitärer Rettungsaktionen und inhumaner Behörden zu erörtern? Zum Beispiel die Frage nach der persönlichen Verantwortung der Migranten, wenn sie am Rand des Mittelmeers ein Schlauchboot besteigen, häufig sogar mit Frau und Kind. Jedem normalbegabten jungen Menschen muss auf den ersten Blick klar sein, dass diese Reise mit gewaltigen Risiken verbunden ist, also verantwortungslos.
Normal begabt sind diese jungen Männer mit Sicherheit. Sie entstammen zumeist der Mittelschicht ihrer Heimat, weshalb sie sich ja den Preis der Schlepperdienste leisten können. Es sind auch keine politisch Verfolgten, die Hals über Kopf ins Exil entkommen müssen. Ebenso wenig handelt es sich um Hungeropfer. Die Bilder zeigen kräftige junge Männer, Auswanderer eben, die in Europa eine bessere, eine sozial gesicherte Zukunft erhoffen, was wiederum ein völlig legitimer Grund für die Migration ist.
Aus der Perspektive der humanitären Organisationen, die sich um sie kümmern, sind es «Schutzsuchende» und «Flüchtlinge» – eine auf die Tränendrüsen wirkende Zuschreibung, die von den Medien nachgebetet wird, aber in keiner Weise zutrifft.
Nein, hier werden eigenverantwortliche junge Männer zu Objekten humanitärer Eiferer herabgewürdigt – zu Opfern, die der fürsorglichen Vormundschaft bedürfen. Der Helfer-Furor für die zu umsorgenden, weil ja unmündigen Menschen trieft vor paternalistischer Herablassung.
Dieser Blick von der hohen Warte humanitärer Besorgnis trifft nicht allein Seenot-Opfer. Er bestimmt ganz allgemein die Euphorie, mit der Migranten empfangen werden: helfen, helfen, helfen – nur nichts fordern, nur keine kritische Ansprache als mündige Menschen.
Da landen Opfer an, da kommen Arme, daher Gute – da ist evangelische Empathie angesagt. Auf keinen Fall angesagt ist eine Ansage auf Augenhöhe.
Das herrenhafte Mitleiden, das die Willkommenskultur für Migranten aus Entwicklungsgesellschaften bestimmt, hat seine Wurzeln im links-grünen Milieu: Dort braucht man Ersatz fürs Proletariat, das es zwar nicht mehr gibt, zu dessen Führung man sich nichtsdestotrotz berufen fühlt – von oben herab.
Wir sorgen für euch!
Über Land und übers Meer kommen Männer und Frauen – empfangen werden sie wie Kinder.