Im Grunde hat die Spitze der erstarkten Grünen andere Pläne. Faktisch aber hat sie keine andere Wahl: Die Berner Nationalrätin Aline Trede (36) muss das Präsidium der Bundeshausfraktion übernehmen. «Es führt kaum ein Weg an ihr vorbei», ist aus den Reihen der Grünen zu hören.
Die Frage nach dem Fraktionspräsidium stellt sich nur aus einem Grund: Für die Nachfolge der abtretenden Grünen-Chefin Regula Rytz (57) scheinen die Würfel bereits gefallen zu sein. Balthasar Glättli (47) soll Parteipräsident werden. Dabei hat der Zürcher Nationalrat und Fraktionschef noch nicht einmal bekannt gegeben, ob er die Nachfolge von Rytz antreten will. Bis Ende Januar möchte er sich mit seinem Entscheid Zeit lassen.
In der Partei sind die Meinungen aber gemacht. «Glättli wäre die richtige Wahl», ist überall zu hören. Zumal er schon im Bundesratswahlkampf die Rolle von Rytz übernommen hat.
Zudem haben andere potenzielle Kandidaten fast alle abgesagt. «Nachdem er das Feld eigentlich schon besetzt hat, scheint sich niemand mehr zu getrauen, sein Interesse ebenfalls anzumelden», heisst es.
Parteispitze hätte gerne eine welsche Frau
Übernimmt Glätti das Zepter bei den Grünen, ist wiederum die Leitung der Bundeshausfraktion neu zu besetzen. Und zwar unbedingt mit einer Frau. Die Geschlechter sollen schliesslich gerecht vertreten sein. Dabei wünscht sich die Parteispitze eine welsche Frau. Immerhin haben die Grünen bei den Wahlen im Oktober gerade in der Romandie kräftig zugelegt.
Doch hier zeigt sich: Die Grünen haben ein Frauenproblem. Von den 22 weiblichen Fraktionsmitgliedern sind 15 Parlamentsnovizinnen – und kommen darum für das anspruchsvolle Fraktionspräsidium nicht in Frage. Die meisten müssen sich erst mal in ihr neues Amt einfuchsen. Das betonen die meisten auch gleich selber. Damit bleiben lediglich sieben mögliche Kandidatinnen übrig – nur zwei davon aus der Romandie.
Es hagelt Absagen
Doch die beiden Ständerätinnen Lisa Mazzone (31, GE) und Adèle Thorens (48, VD) winken ab. Beide wollen sich auf ihre Arbeit in der kleinen Kammer konzentrieren. Also müssen sich die Grünen doch auf die Deutschschweiz konzentrieren.
Wenn nun eine Deutschschweizerin an die Fraktionsspitze komme, würden die Grünen aber das Vize-Fraktionspräsidium mit jemandem aus der Romandie besetzen müssen, um einen Ausgleich zu schaffen, plaudert einer aus der Partei. Ein weiteres Mitglied der Grünen ergänzt zu Mazzone und Thorens: Ohnehin sei es ungünstig, die viel grössere Gruppe der Grünen im Nationalrat vom Ständerat aus zu führen.
Doch auch in der Deutschschweiz ist die Auswahl an geeigneten Frauen fürs Fraktionspräsidium klein. Die Baselbieterin Maya Graf (57) winkt ab. Regula Rytz war die vergangenen acht Jahre Präsidentin, und Irène Kälin (32) wurde erst gerade zur zweiten Vizepräsidentin des Nationalrats gewählt. Sie will also höchste Schweizerin werden. Auch für Rytz und Kälin ist das Fraktionspräsidium somit kein Thema.
Nur eine bleibt übrig
Fazit: Es bleibt einzig die Berner Nationalrätin Aline Trede (36), die heute zudem bereits Vize-Fraktionschefin ist. Für viele Parteimitglieder wäre sie die einzig richtige Wahl. «Schliesslich leitete sie die Fraktion schon, als Glättli den Bundesratswahlkampf gemanagt hat», argumentieren Grüne. Eigentlich hat Trede also kaum eine Wahl.