Fragwürdige Prioritäten von Simonetta Sommaruga
Keine Zeit für Junge, für SP-Freundin aber schon

Justizministerin Simonetta Sommaruga mischt sich in den Wahlkampf ums Berner Stadtpräsidium ein. Dafür liess sie auch einen Auftritt an der Jugendsession sausen.
Publiziert: 15.11.2016 um 00:00 Uhr
|
Aktualisiert: 05.10.2018 um 01:20 Uhr
1/2
Ohne Besuch aus dem Bundesrat: Engagierte Jungpolitiker am Samstag im Nationalratssaal.
Foto: Alessandro Della Valle
Bern
Justizministerin Simonetta Sommaruga (SP) lebt seit einigen Monaten offiziell in der Stadt Bern.
Foto: Reuters

Im Frühling hat Bundesrätin Simonetta Sommaruga ihre Schriften von Köniz BE nach Bern verlegt. Zwar sind sie und Schriftsteller Lukas Hartmann weiterhin ein Paar, doch der Lebensmittelpunkt der SP-Politikerin ist die Bundesstadt. 

Damit darf sie am übernächsten Sonntag auch mitentscheiden, wer die Nachfolge von Stadtpräsident Alexander Tschäppät antritt. Sollte die Justizministerin für Genossin Ursula Wyss stimmen, wäre das keine Überraschung – die beiden kennen sich bestens. 

In den Wahlkampf eingemischt

Dass Sommaruga sich aber wenige Tage vor dem Urnengang in den Wahlkampf einmischt, erstaunt: Am Samstag verweilte sie mit Wyss vor deren Stand im Breitenrain und posierte mit Flugblättern in der Hand für Fotos.

Am Samstag besuchte die SP-Bundesrätin ihre Kollegin Ursula Wyss, die in Sommarugas Stadt Präsidentin werden will.
Foto: Twitter

Ihr Sprecher Guido Balmer erklärt: «Bundesrätin Sommaruga wusste, wo und wann die Veranstaltungen der SP Bern stattfinden, und ging kurz vorbei, da sie ohnehin in der Stadt war, um einzukaufen.» Sie habe Parteikollegen begrüsst und ein paar Worte mit ihnen gewechselt. Dabei habe sie die «für solche Anlässe gebührende Zurückhaltung» gewahrt und keine Rede gehalten.

Wyss, die frühere Chefin der SP-Bundeshausfraktion, wusste die Unterstützung jedenfalls zu schätzen und teilte ihren Twitter-Followern freudig mit: «Auch Simonetta Sommaruga unterwegs für #dieStapi.» Für den Auftritt widmete sie der Justizministerin der Eidgenossenschaft ein grosses «Merci!».

Die Jungen sind enttäuscht

Doch nicht allen gefällt die bundesrätliche Parteinahme. Enttäuscht zeigt sich die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft der Jugendverbände (SAJV). Diese führte am Wochenende zum 25. Mal die Jugendsession im Bundeshaus durch. 200 Jugendliche engagierten sich für eine bessere Welt und arbeiteten Petitionen aus.

Eidgenössische Jugendsession: 200 Jugendliche erhielten einen Einblick in die Welt der Politik. Der Bundesrat blieb fern.
Foto: Keystone

In den letzten Jahren war dabei stets ein Mitglied des Bundesrats zugegen. Sommaruga sagte ihre Teilnahme allerdings bereits zum zweiten Mal ab. Auch ein anderer Bundesrat konnte nicht einspringen.

Dass Sommaruga ihre Stapi-Favoritin der Jugendsession vorzog, erstaunt. Als Bundespräsidentin sagte sie zum Nationalfeiertag 2015 noch: «Vermitteln wir unseren Jugendlichen die menschlichen Werte und die politische Kultur, die nötig sind, damit unser einmaliges politisches System funktioniert.»

Warum also die Absage? Sprecher Balmer sagt, Sommaruga schätze das Engagement der Jugendlichen sehr und habe 2011 an der Jugendsession teilgenommen. Allerdings lasse sich ein offizieller Auftritt «nicht mit dem kurzen Besuch einer Wahlkampfveranstaltung vergleichen», gerade «auch vom Zeitaufwand her».

SAJV-Geschäftsleiter Andreas Tschöpe bezeichnet den Wahlkampf-Abstecher als «sehr merkwürdige Prioritätensetzung». Er fügt an: «Selbstverständlich hätten wir Bundesrätin Sommaruga zu jedem Tageszeitpunkt empfangen und so auf ihre beladene Agenda Rücksicht genommen.»

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?