Forschungsprogramm «Horizon»
Brüssel zeigt der Schweiz die kalte Schulter

Beim Rahmenabkommen klemmts. Darum blockiert die Europäische Union bei der Zusammenarbeit im Forschungsbereich. Die zuständige Staatssekretärin erhält in Brüssel nicht mal einen Termin.
Publiziert: 14.03.2021 um 00:46 Uhr
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Aktualisiert: 06.04.2021 um 08:48 Uhr
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Martina Hirayama, Direktorin Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation BFI.
Foto: Keystone
Simon Marti

So schwer sich Parteien und Bundesrat in der Europapolitik auch tun: Bei «Horizon Europe», dem gigantischen Forschungsprogramm der EU, will der Bund unbedingt dabei sein. Mehr als sechs Milliarden Franken hat das Parlament als Beitrag reserviert.

Rein formal sind der Rahmenvertrag und Horizon nicht aneinander gekoppelt – nun aber nutzt Brüssel den Zugang zum Programm, um Druck aufzubauen. Die Verhandlungen über eine Schweizer Teilnahme an Horizon sind blockiert. Mehr noch: Martina Hirayama (51), Staatssekretärin für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI), bekommt derzeit nicht einmal einen Termin mit den zuständigen Brüsseler Beamten. SonntagsBlick hat dies aus mehreren Quellen erfahren. «Die EU verweigert bis dato die Aufnahme von informellen exploratorischen Gesprächen mit der Schweiz und macht diese von Fortschritten beim institutionellen Abkommen abhängig», räumt das Staatssekretariat auf Anfrage ein. Das heisst: Ohne Klarheit beim Rahmenabkommen keine Gespräche über Horizon.

Dabei betonte die Landesregierung bislang stets, die beiden Dossiers seien nicht verknüpft. Die EU sieht dies – einmal mehr – ein wenig anders.
Das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation erwartet den Beginn der Verhandlungen frühestens im April. Man betont aber, dass heimische Wissenschaftler Projekte durchaus bereits eingeben können.

Ob aber dereinst tatsächlich Geld aus Europa fliesst, ist ungewiss. Eine Finanzierung aus Brüssel könne nur erfolgen, wenn ein Assoziierungsabkommen für Horizon vorliege, schreibt das SBFI. Und eben darüber mag die EU derzeit nicht einmal diskutieren. Zur Not hat das Parlament bereits Gelder reserviert, um mögliche Lücken zu stopfen. Eine Mitgliedschaft bei Horizon freilich können diese Beiträge nicht ersetzen.

Brüssel hat keine Geduld mehr

Aussenpolitiker reagieren konsterniert auf die Gesprächsblockade. «Die Haltung der EU mag frech erscheinen, nur zeigt sie halt auch, dass die Schweiz sich als Verhandlungspartner unmöglich gemacht hat», sagt SP-Nationalrat Eric Nussbaumer (60, BL). Die Geduld in Brüssel sei erschöpft. «Einen letzten Aufschub gab es im Vorfeld der Abstimmung über die Begrenzungs-Initiative. Die EU hielt sich mit Äusserungen zum Rahmenvertrag zurück.» Aber der Bundesrat habe es nach dem Scheitern der SVP-Vorlage an der Urne verpasst, eine klare Ansage zu machen.

Wenn aber Staatssekretärin Livia Leu (60), die derzeit mit der EU über das Rahmenabkommen verhandelt, ihre Ergebnisse präsentiere, müsse die Regierung Farbe bekennen. «Das ist spät genug», so Nussbaumer. Der freisinnige Nationalrat Hans-Peter Portmann (58) warnt: «Die Forschung unter dem Dach von Horizon ist längst angelaufen, darunter Projekte zu Covid-Medikamenten.» Man müsse ehrlich sein, das ungelöste Verhältnis zur Europäischen Union schade der Schweiz, in diesem Fall ausgerechnet dem Forschungsstandort. «Davor haben viele, auch ich, immer wieder gewarnt», sagt Portmann.

Bloss dürfte das Horizon-Manöver die innenpolitischen Chancen des Rahmenabkommens kaum verbessern.

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