Wer wählt aus welchem Grund welche Partei? Diese Frage beschäftigt Politologen. Wichtig sind Einkommen, Bildung und soziales Umfeld. Doch auch der Charakter entscheidet darüber, welche Partei wir wählen, wie die «NZZ am Sonntag» heute schreibt.
So neigen gewissenhafte Menschen eher zur SVP. Ihnen ist Zuverlässigkeit, Regeltreue und Ordnung überaus wichtig. Klassische Bünzlis also.
Bei der SP hingegen finden Grübler eine Heimat. Sie machen sich Sorgen um die Entwicklung der Gesellschaft, sind angespannt und ängstlich, mit Stress können sie schlecht umgehen.
FDP gegeneinander, CVP miteinander
Ganz im Gegensatz zu den typischen FDP-Wählern: Sie haben kein Problem mit Stress, sind gelassen und vor allem sehr kompetitiv, das heisst, sie lieben den Wettbewerb.
Wer mehr auf Zusammenarbeit setzt, wählt hingegen eher die CVP. Dieser Typus ist wie der SPler ein wenig ängstlich.
Offen für neue Ideen und Erfahrungen sind bloss die Wähler der Grünen und der Grünliberalen. SVP-Wähler halten - wenig erstaunlich - an bestehenden Normen und Werten der Gesellschaft fest. Doch auch SP-, FDP- und CVP-Wähler halten lieber an Altbewährtem fest.
Diese Befunde sind das Resultat einer Umfrage der Berner Politologen Markus Freitag und Kathrin Ackermann, die diese Woche im Sammelband «Wahlen und Wählerschaft in der Schweiz» erscheint.
Freitag und Ackermann sind die ersten, die in der Schweiz die Wähler nach Charaktereigenschaften untersucht haben. Dazu haben sie den sogenannten «Big Five»-Ansatz gewählt und 1000 Personen telefonisch befragt.
«Die Persönlichkeit ist mindestens genauso entscheidend für die Neigung zu eine politischen Partei wie jedes andere sozioökonomische Merkmal», sagt Freitag zur «NZZ am Sonntag».
FDP könnte SVP-Bünzlis anlocken
Das Wissen um diese Wählereigenschaften könnten sich die Parteien im Wahlkampf zu nutze machen, findet Freitag. So sollten SP und CVP ihren ängstlichen Wählern eine Politik der existenziellen Sicherheit anbieten.
Die FDP wiederum könnte auf Gewissenhaftigkeit setzen, um SVP-Wähler zu gewinnen, oder auf Harmonie, um CVP-Wähler anzuziehen. Letztere Tendenz meint der Politologe im aktuellen Wahlkampf beobachten zu können: In der Kampagne der Liberalen «mischen sich neben rechtsbürgerlichen und staatstragenden auch sehr harmonieheischende Töne, etwa wenn es um den Erhalt des Gemeinsinns geht». (sas/SDA)