Formel E in Zürich
PS-Jünger wittern Morgenluft

Das Rennen am 10. Juni ist das grösste Motorsport-Ereignis in der Schweiz seit 64 Jahren. Die Autorenn-Lobby sieht darin eine Chance, das Verbot von Rundstrecken-Rennen zu beseitigen.
Publiziert: 15.04.2018 um 19:52 Uhr
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Aktualisiert: 26.10.2018 um 11:50 Uhr
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Katastrophe 1955 beim 24-Stunden-Rennen im französischen Le Mans: Ein Auto rast in die Zuschauermenge: 84 Menschen sterben.
Foto: JIMMY PRICKETT
Marcel Odermatt

Es war ein Sieg für die Gegner von Auto- und Strassenlärm in Zürich: Diese Woche beschloss das Bundesgericht, dass in der rot-grün regierten Stadt bald auch auf manchen Hauptstrassen nur noch mit Tempo 30 gefahren werden darf.

Bevor die neuen Strassenschilder montiert werden, wird aber erst noch einmal richtig gerast. Für den 10. Juni ist auf der 2,46 Kilometer langen Strecke an der Seepromenade, im Bankenviertel und dem Zentrum von Zürich das erste Schweizer Formel-E-Rennen angekündigt: Es geht um eine Meisterschaft für Formel-Wagen mit Elektromotor.

In Punta del Este in Uruguay am 17. März 2018 kehrt Sébastien Buemi nach einem Problem mit seinem Elektro-Boliden zu den Boxen zurück. Am 10. Juni findet in Zürich das erste Rennen der Formel-E-Meisterschaft statt.
Foto: imago sport

100'000 bis 150'000 Zuschauer werden dann für das ganze Wochenende erwartet – der grösste Motorsportevent seit 1954. Damals triumphierte der legendäre Juan Manuel Fangio (1911–1995) auf Mercedes Benz im Berner Bremgartenwald beim letzten Formel-1-Grand-Prix des Landes.

84 Tote

Im Jahr danach kam es beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans (F) zur Kata­strophe. Einer der Boliden knallte in die Zuschauerränge – 84 Personen starben. Der Bundesrat untersagte da­raufhin sämtliche Rundstrecken-Rennen – ein Verbot, das bis heute gilt.

Gewann die Formel-E-Meisterschaft 2016: Der Schweizer Sébastien Buemi.
Foto: Sam Bloxham/LAT Images/FIA Formula E

Für das Spektakel in Zürich musste die Landesregierung eine Sonderbewilligung erteilen. Doch der Entscheid aus Bern ruft nun auch die Befürworter auf den Plan, die Fans von lärmigen, benzinfressenden PS-Flitzern. Sie kämpfen schon lange für die Aufhebung des Verdikts von 1955 – und wittern nun Morgenluft: «Dieses Verbot wurde seinerzeit bekanntlich aus Sicherheitsgründen erlassen», sagt SVP-Nationalrat Walter Wobmann (60). Wenn nun jedoch Rundstrecken-Rennen mit Elektroautos erlaubt seien, gebe es auch keine Gründe mehr, weiterhin Rennen mit herkömmlichen Motoren zu verbieten. «Für die Sicherheit spielt es keine Rolle, welche Antriebsart ein Fahrzeug hat», so der Solothurner.

3000 lizenzierte Schweizer Rennfahrer

Mit dem Aargauer SVP-Nationalrat Ueli Giezendanner (64) und anderen Motorsportfreunden im Parlament wird Wobmann den Anlass im Juni genau verfolgen. Geht alles glatt, wollen er und seine Kampfgefährten beim Bundesrat beantragen, dass künftig wieder Autorennen auf Rundkursen gefahren werden dürfen.

Unterstützung finden sie bei den rund 3000 lizenzierten Schweizer Rennfahrern. «Für jedes Training, jede Schulung müssen sie heute ins Ausland. Auf jeder benachbarten Strecke hört man heute

Schweizerdeutsch», sagt Patrick Falk (45), Direktor von Auto Sport Schweiz. Es sei nötig und sinnvoll, wenn auch die Schweiz endlich über eine moderne Piste verfügen würde. Falk denkt dabei nicht an Formel-1-Wettbewerbe: «Mit drei bis vier Milliarden Franken Investi­tionskosten ist das völlig undenkbar für unser Land. Mindestens eine Schuhnummer zu gross.» Falk und seine Mitstreiter hofften auf ein realistisches, kleineres Projekt. Dafür müsse aber zuerst das Rundstrecken-Verbot fallen.

Nächste Woche präsentiert die Formel-E ihren Zürcher Event. Mit von der Partie ist neben ETH-Präsident Lino Guzzella (60) auch die Zürcher SP-Stadtpräsidentin Corine Mauch (57). Es wäre nicht ganz ohne Ironie, wenn ausgerechnet das angeblich so autofeindliche Zürich dafür sorgen würde, dass auch konventionelle Autorennen wieder stattfinden dürfen.

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