Formales Hickhack statt Soforthilfe
FDP lässt Selbständige hängen

Viele Selbständige hoffen, dass die Corona-Hilfen verlängert werden. Doch nun drückt ausgerechnet die wirtschaftsfreundliche FDP auf die Bremse. Unterstützung fand sie bei den Grünen.
Publiziert: 16.06.2020 um 15:43 Uhr
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Aktualisiert: 21.08.2020 um 23:05 Uhr
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Die Eventbranche leidet stark unter den Folgen der Corona-Krise. Viele Festivals wurden bereits abgesagt.
Foto: Sandra Blaser
Ladina Triaca

Konzertveranstalter, Clubbetreiber, Restaurant-Besitzer – sie alle ächzen unter den wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise. Dennoch entschied der Bundesrat erst vor kurzem, sie nicht länger mit Kurzarbeitsentschädigung und Erwerbsersatz zu unterstützen. Ein harter Schlag für viele Selbständige.

Und nun folgt gleich der zweite: Verschiedene Parteien verlangen, die Corona-Hilfen für Selbständige zu verlängern. Um den gebeutelten Branchen möglichst schnell unter die Armee zu greifen, forderte SP-Nationalrat Cédric Wermuth (34) am Montag mit einem Ordnungsantrag, noch in der laufenden Sommersession über die Hilfe für Selbständige zu beraten. Seine Parteikollegin Mattea Meyer (32) hatte einen entsprechenden Vorstoss eingereicht – und die Zeit dränge.

Kurzer Hoffnungsschimmer

Insbesondere die gebeutelte Eventbranche schöpfte kurzzeitig Hoffnung. Denn das Parlament stimmte Wermuths Antrag hauchdünn – mit 93 zu 91 Stimmen – zu. Doch dann folgte ein formales Hickhack. FDP-Nationalrat Kurt Fluri (64) reichte im Anschluss an die Abstimmung ebenfalls einen Ordnungsantrag ein, mit dem Ziel, das Thema wieder von der Traktandenliste zu streichen.

Nicht, dass Fluri inhaltlich etwas gegen die Unterstützung der Selbständige hat, wie er selbst sagte. Doch der Bundesrat müsse zuerst seine Haltung zu den Vorstössen kundtun, bevor das Parlament darüber beraten könne, argumentierte Fluri. So wolle es das Gesetz. Und dafür könne sich der Bundesrat bis zum Beginn der Herbstsession Zeit lassen. «Herr Wermuth hat offenbar keine Ahnung vom parlamentarischen Ablauf», sagt Fluri.

Gesetz vor Soforthilfe – mit dieser Argumentation überzeugte der Freisinnige schliesslich die Mehrheit der Nationalräte. Mit 93 zu 89 Stimmen entschied der Nationalrat am Dienstag, nicht mehr in dieser Woche über die Unterstützung für KMU-Besitzer und Geschäftsinhaber zu beraten. Pikant dabei: Unter Fluris Anhängern waren auch drei grüne Nationalräte, darunter der künftige Präsident Balthasar Glättli (48). Wie der «Tagesanzeiger» berichtet, hatte Glättli noch am Vortag für Wermuths Antrag gestimmt. Fluri habe ihn überzeugt, erklärte Glättli seinen Schwenker.

«Eine Paragrafenreiterei»

«Das ist eine unsägliche Paragrafenreiterei!», regt sich SP-Nationalrat Wermuth auf. «Erstens kannten wir die Haltung des Bundesrates bereits und zweitens kann man mit der Traktandierung Druck aufsetzen und ihn direkt einladen.» Gerade in der Corona-Krise seien zudem schon zahlreiche Gesetze gedehnt worden, «und ausgerechnet hier soll es nun nicht möglich sein!»

Lässt ausgerechnet die Wirtschaftspartei FDP die Selbständigen in der Krise im Stich? Kurt Fluri weist den Vorwurf von sich. «Wenn der SP so viel an der Unterstützung der Selbständigen liegt, dann soll sie doch Bundesrat Berset Beine machen, damit dieser die 300-Personen-Grenze für Veranstaltungen aufhebt. Das würde der Eventbranche tatsächlich helfen.»

Viele Openairs und Veranstaltungen seien bereits abgesagt worden, entgegnet Wermuth. Die Betreiber seien deshalb dringend auf eine Verlängerung von Kurzarbeitsentschädigung und Erwerbsersatz angewiesen. Zwar könnten Corona-gebeutelte Selbständige im Herbst auch rückwirkend noch unterstützt werden, gibt Wermuth zu bedenken, «doch für manche kommt die Hilfe dann wohl zu spät».

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