Flüchtlinge
Familiennachzug für Schutzbedürftige auch künftig sofort möglich

Schutzbedürftige Menschen - also Personen mit S-Status - können ihre Familien wie anerkannte Flüchtlinge mit Asylstatus auch künftig zusammenführen. Der Nationalrat hat eine Praxisänderung, wie sie der Ständerat wollte, am Mittwoch zum zweiten Mal abgelehnt.
Publiziert: 03.03.2021 um 09:02 Uhr
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Aktualisiert: 03.03.2021 um 09:19 Uhr
Personen mit S-Status - sogenannte Schutzbedürftige - sollen wie heute ihre Familie sofort in die Schweiz zusammenführen können. Der Nationalrat ist gegen eine Praxisänderung. (Archivbild)
Foto: CARLO REGUZZI

Die grosse Kammer folgte der knappen Mehrheit ihrer Staatspolitischen Kommission (SGK-N) und trat nicht auf einen Gesetzesentwurf ein. Der Entscheid fiel mit 110 zu 81 Stimmen. Gegen eine Neuregelung waren SP, Grüne, GLP und die Mitte-Fraktion, erfolglos dafür weibelten SVP und FDP. Mit dem neuerlichen Nein ist die Vorlage vom Tisch.

Der Entwurf des Ständerats sah vor, dass für schutzbedürftige Personen (S-Status) beim Familiennachzug die gleichen Voraussetzungen gelten sollen wie bei vorläufig Aufgenommenen. Betroffene sollten ihre Familien erst nach drei Jahren in die Schweiz holen dürfen.

Die Vorlage ausgearbeitet hatte die Staatspolitische Kommission des Ständerats (SPK-S). Den Anstoss dazu gegeben hatte der ehemalige Aargauer Ständerat Philipp Müller (FDP) mit einer parlamentarischen Initiative.

Anpassung würde die Lage der betreffenden verschlechtern

In den Augen des Ständerats und einer Minderheit des Nationalrats hätte die Neuregelung die Vergabe des Schutzbedürftigenstatus erleichtert. Schutzbedürftigen Personen wäre ein vorläufiger Schutz gewährt worden, ohne das Schweizer Asylsystem zu überlasten, argumentierten sie. Die sofortige Familienzusammenführung sei ein Grund, warum der S-Status noch nie erteilt worden sei.

Die Mehrheit im Nationalrat sieht in dieser Änderung aber keinen Mehrwert. Anstatt eine Ungleichbehandlung zu beseitigen, würde diese Anpassung vielmehr die Lage der betreffenden Personen verschlechtern, sagte Kommissionssprecherin Tiana Angelina Moser (GLP/ZH).

Die Linken hatten im Dezember im Ständerat noch deutlichere Worte gefunden: Die Debatte gehe in Richtung Absurdität, stellte Lisa Mazzone (Grüne/GE) fest. Denn der Status dürfte auch in der Zukunft nie angewandt werden. Auch sei die Mehrheit der Kantone gegen die Neuerung. Fielen Bomben, sei in der Regel die ganze Familie gefährdet.

Asylgesuche könnten auch mit regulären Strukturen bewältigt werden

Der Bundesrat war einverstanden mit der Änderung des S-Status. Die Gesetzesänderung trage dazu bei, die Kohärenz beim Familiennachzug zu erhöhen, schrieb er. Der S-Status sei aus mehreren Gründen noch nie angewendet worden.

Ein Grund sei dafür, dass die Asylgesuche bisher mit den regulären Strukturen bewältigt werden konnten. Zudem sei die Gewährung von Schutz auf eine relativ kurze Dauer einer allgemeinen Gefährdung ausgelegt. Erfahrungen mit Konflikten wie in Syrien und Afghanistan zeigten aber, dass ein Ende der Gefährdung oft kaum absehbar sei.

Der rechtliche Status von Schutzbedürftigen (S-Status) wurde 1998 ins Asylgesetz geschrieben. Auslöser waren die Jugoslawienkriege, die in der Schweiz zu über 40'000 Asylgesuchen pro Jahr führten. Der Status sollte ein Instrument sein, das aktiviert wird, wenn die Schweiz schnell und pragmatisch auf eine Massenflucht reagieren muss.

Es ist vorgesehen, dass der Status nur im Notfall angewendet wird. Mit einem S-Ausweis ist ein Ausländer oder eine Ausländerin berechtigt, vorübergehend in der Schweiz zu bleiben. Eine Aufenthaltsbewilligung ist ein S-Ausweis jedoch nicht.

Dass der Schutzbedürftigen-Status im Parlament ein Thema ist, hängt mit der Kritik an der vorläufigen Aufnahme zusammen. Parlamentarier schlugen vor, den Status S als Ersatz für die vorläufige Aufnahme vorzusehen. Sie bemerkten dann aber, dass Schutzbedürftige beim Familiennachzug nach heutigem Recht besser gestellt sind.

(SDA)

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